Reimer, Dietrich

[801] Reimer, D. Das Geschäft wurde am 1. 1. 1845 von Dietrich Arnold Reimer unter der Firma: Buch- und Landkartenhandlung von Dietrich Reimer in Berlin begründet und blieb in den ersten Jahren nur auf den Sortimentsbetrieb beschränkt. Im Jahre 1847 übernahm die Firma den größten Teil der geographischen Werke und des Kunst-Verlages von Georg Reimer. 1851 wurde das geographische und topographische Institut von A. von Meyer in Berlin käuflich übernommen.

Es begann von diesem Zeitpunkt an eine selbständige Verlagstätigkeit, welche bald eine größere Ausdehnung gewann. Infolge dieser Erweiterung des Verlages wurde das Sortiments-Geschäft im Jahre 1858 aufgegeben und an Herm. Quaas (seit 1884 im Besitze von Wilhelm Schulz) verkauft.

Gleichzeitig erfolgte die Verlegung der Reimerschen Handlung nach der Anhaltstraße Nr. 11 und später nach Nr. 12, von wo sie am 1. 10. 1896 nach dem jetzigen Lokal Wilhelmstraße 29 übersiedelte.

Am 1. 1. 1868 trat Hermann August Höfer als Mitbesitzer in das Geschäft ein und wurde die Firma von diesem Zeitpunkt an in Dietrich Reimer (Reimer & Hoefer) geändert.

Hermann Hoefer, geboren 1835, erlernte den Buchhandel bei Brünslow in Neubrandenburg und war dann als Gehilfe in Nordhausen, Mainz, Frankfurt a. M., Berlin und Prag tätig. 1861-65 leitete er die Weidemannsche Buchhandlung in Berlin und trat darauf als Prokurist bei der Firma Dietrich Reimer ein. Nach Jahresfrist machte ihn der damalige Alleininhaber zum Mitbesitzer des Geschäfts. In unermüdlichem Fleiß waren beide bestrebt, die vorhandenen großen Kartenwerke zu verbessern, neue große wissenschaftliche Unternehmungen auf dem Gebiete der Erd- und Länderkunde zu fördern und anzuregen, und der Fabrikation von Erd- und Himmelsgloben einen neuen Aufschwung zu geben. 1891 schied Reimer aus der Firma aus, seinen Geschäftsanteil Konsul E. Bohsen überlassend, 1895 folgte ihm Hoefer nach.

Unmittelbar nach seinem Ausscheiden erwarb Hoefer den Rentelschen Verlag in Potsdam, gegr. 1848 (seit 1868 getrennt in J. Rentels Verlag und J. Rentels Buchhandlung, die seit 1883 unter der Firma Paul Dienemann fortgeführt[801] wird), der wesentlich aus gut eingeführten Schulbüchern bestand und baute diesen sorgfältig aus, vorzugsweise durch den Ankauf von E. Gruihns Verlag in Danzig, der vorzüglich die Schulbücher von Rektor Krüger in Königsberg enthielt. Hermann Hoefer war langjähriges Mitglied des literarischen Sachverständigenvereins und gerichtlicher Sachverständiger in Verlagsangelegenheiten. Neben dem eigenen Geschäft stand er seit 1900 als Vertreter mit Generalvollmacht an der Spitze der Firma Carl Regenhardt in Berlin.

Dem Vorstande der Korporation der Berliner Buchhändler hat Hoefer ( 16. 7. 1901) in den Jahren 1884 bis 1886 angehört. Auch der Börsenverein hat ihn wiederholt in den Rechnungs- und Vereinsausschuß gewählt, und als im Jahre 1888 die Vereinigung der Berliner Mitglieder des Börsenvereins als Organ des Börsenvereins gegründet wurde, da war es Hermann Hoefer, der an die Spitze des neuen Vereins trat.

Mehr als zwei Jahrzehnte hat Hoefer das mühevolle Amt eines Schriftführers des Unterstützungsvereins deutscher Buchhändler und Buchhandlungsgehilfen verwaltet.

Am 1. 10. 1891 schied der Gründer der Firma D. Reimer infolge hohen Alters und aus Gesundheitsrücksichten aus; an seine Stelle trat Konsul Ernst Vohsen als Mitinhaber ein, in dessen Alleinbesitz, nachdem auch Hoefer, wie oben mitgeteilt, aus der Firma ausgeschieden, das Geschäft am 1. 1. 1895 überging und unter der Firma Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) weitergeführt wird.

Mit Verlegung der Geschäftsräume nach Wilhelmstraße 29 wurde mit der Verlagshandlung eine Lithographische Anstalt mit Steindruckerei und eine Buchbinderei verbunden, und die bisher in Potsdam bestehende Fabrik für Erd- und Himmelsgloben nach Berlin übernommen. Das Kartographische Institut wurde vom 1. Januar 1900 ab in der Art erweitert und ausgestaltet, daß die Abteilung für Klein-Asien und die alte Geschichte unter Richard Kiepert in der Lindenstraße verblieb, die Abteilung für die Kartographie der Deutschen Schutzgebiete und die allgemeine Kartographie unter die Leitung von Paul Sprigade und Max Moisel gestellt wurde.

Vom 1. April 1902 ab wurden eine eigene Kupferstecherei und Kupferdruckerei und in Verbindung mit ihnen eine Verstählungsanstalt und Stätte für galvanische Einlagerungen dem Betriebe angegliedert, vornehmlich zur Herstellung der von dem Reichs-Marine-Amt herausgegebenen Deutschen Admiralitätskarten, deren Hauptvertriebsstelle sich in den Händen der Verlagsanstalt befindet.[802]

Insgesamt beschäftigte die Verlagshandlung in den verschiedenen Betrieben am 1. Januar 1908 ein Personal von über hundert Köpfen.

Aus dem umfangreichen Verlag können wir hier nur die hervorragendsten Unternehmungen nennen. An der Spitze stehen die berühmtesten Namen der erdkundlichen Forschung. Im Einzelnen seien genannt: H. Kiepert (Atlanten); Kiepert-Partsch, Deutscher Kolonialatlas; Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, 1853 uff.; H. Berghaus, See-Atlas; eine umfangreiche Sammlung Berliner Pläne, Provinzial- und Gesamtkarten von Preußen und Deutschland sowohl als den übrigen Ländern Europas sowie der anderen Erdteile; die vom Reichsmarineamt herausgegebenen Segelhandbücher; E. Curtius, Stromkarten der deutschen Flüsse; Ritters Atlas von Asien usw. Hieran schließt sich ein bedeutender Schulverlag (Atlanten, Weltkarten, Sternkarten, Bücher) sowie die Sammlung der von R. Kiepert redigierten Erd- und Himmelsgloben. Aus dem Gebiete der speziellen Länder- und Völkerkunde seien noch erwähnt: A. Bastian, Verhandlungen der Deutschen Kolonialgesellschaft; O. Kunhardt (Wanderjahre eines jungen Hamburger Kaufmannes); Zeitschrift für afrikanische und ozeanische Sprachen; Humann-Puchstein, Reisen in Kleinasien; Deutsch-Ostafrika, Wissenschaftliche Forschungsresultate über Land und Leute (etwa 300 M. Ladenpreis); Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika; Dames, Geologischer Erdglobus; Die Schriften H. W. Doves; F. Richthofen, China; R. Lepsius, Geologie von Attika; Lades Relief- Mondgloben. Hierzu kommen noch Kunstsachen und architektonische Werke wie: Abbildungen und Beschreibung sämtlicher Ritterorden und Ehrenzeichen, M. 540 Ladenpreis; Abbildungen sämtlicher Wappen der Staaten, M. 300 usw.

Quellen: Verlagskatalog Reimers 1899; Korporationsbericht der Berl. Buchhändler 1901.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 801-803.
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