Scheitlin, Carl Peter

[843] Scheitlin, C. P. Carl Peter Scheitlin wurde am 8. 2. 1809 als Sohn des Professors Peter Scheitlin zu St. Gallen, wo seine Familie seit Anfang des 16. Jahrhunderts eingebürgert war, geboren. Er empfing eine gute Schulbildung und trat dann[843] bei Wallis in Konstanz ein, um Buchhändler zu werden. Anfangs 1830 ging Scheitlin zur weiteren Ausbildung nach Augsburg, dann zu Korn nach Breslau. Der Glanzpunkt seiner Breslauer Erinnerungen bildeten, wie sein Biograph erzählt, die Reisen zur Leipziger Messe in eigener Equipage der Firma. Da ging es hoch her in Leipzig. Korn brachte für seine dortigen Freunde immer von den geschätzten schlesischen Likören ein zahlreiches Mustersortiment mit und es entwickelte sich stets ein munteres Meßleben. – Von Breslau ging Scheitlin nach Düsseldorf, um sich 1835 dann in seiner Heimatstadt St. Gallen durch Etablierung eines kleinen Buchladens selbständig zu machen. Das Geschäft blühte in kurzer Zeit auf, die Sortimentsbuchhandlung war in wenigen Jahren eine der ersten in der Schweiz und in Süddeutschland.

1839 verband sich Scheitlin mit Christoph Zollikofer und wandelte das seit 1801 bestehende »St. Galler Wochenblatt« im Jahre 1841 in das noch heute erscheinende »Tageblatt« um. Die Firma Scheitlin und Zollikofer widmete sich eifrig der Verlagstätigkeit und verlegte u. a. viele Schriften von Professor Scheitlin.

1850 verkaufte Scheitlin – Zollikofer hatte sich inzwischen mit der Buchdruckerei abgezweigt – sein Geschäft an den hervorragenden Kenner der Alpenwelt, den bekannten Verfasser des trefflichen Schweizerführers Iwan von Tschudi. Die Besitzverhältnisse dieser Firma waren später folgende: 1888 erwarb das Geschäft von der Witwe Tschudis Otto Limberger, der es 1892 an Ludwig Kirschner abtrat, welcher gleichzeitig Adolf Hartmann als Teilhaber aufnahm. Gegenwärtig befindet sich die Firma Scheitlins Buch-, Kunst- und Antiquarhandlung im Besitze von L. Kirschner-Engler.-

Der Begründer der Firma wandte sich nach Stuttgart, wo er zusammen mit J. A. Krais die Verlagshandlung Scheitlin und Krais begründete. Das Geschäft gelangte schnell zu Ansehen und Bedeutung, namentlich durch die Herausgabe der naturwissenschaftlichen Prachtwerke von F. Berge und der Erzählungen von Franz Hoffmann. Ferner erschienen damals Eisenlohrs Physik und Küblers Hauswesen. Noch in demselben Jahre aber trennte sich Scheitlin von Krais, letzterer verband sich dann zur Fortführung der Firma mit Carl Hoffmann.

Scheitlin gründete nunmehr ein neues Verlagsgeschäft unter eigenem Namen. Sein Hauptartikel war die großartig angelegte Realencyklopädie der Theologie von Herzog, daneben kultivierte er Erbauungsliteratur und Jugendschriften. Unter den Autoren seines[844] Verlages treffen wir Namen wie Bogatsky, Staudenmeyer, Staudt, Teichmann, Corrodi, Charlotte Späth usw. Uebrigens erschienen auch die ersten Schriften von Ottilie Wildermuth in Scheitlins Verlag. Geschäftliche und private Mißhelligkeiten verleideten Scheitlin den Aufenthalt in Stuttgart, sodaß er sich 1854 entschloß, das Geschäft an R. Besser aus Hamburg zu verkaufen (vergl. Band I S. 60 ds. Werkes).

Scheitlin war aber so an die buchhändlerische Tätigkeit gewöhnt, daß er nochmals ein neues Unternehmen ins Leben rief. Unter der Firma Gebrüder Scheitlin wurde ein neues Verlagsgeschäft mit nominellem Sitz in Stuttgart begründet, dessen Leitung indes von St. Gallen aus stattfand. Aus diesem neuen Verlag ging eine stattliche Reihe von Jugendschriften hervor, die sich besonders durch geschmackvolle Illustrationen und Farbendruck auszeichneten. Bekannte Namen finden wir in Scheitlins Verlagskatalog, darunter Isabella Braun, Louise Pichler, Steub, Graf Pocci u. v. a. Großen Erfolg hatte auch das Staatswörterbuch von Bluntschli und Brater, das jedoch später in den Verlag von Fr. Schultheß in Zürich überging. Das Geschäft selbst verkaufte Scheitlin 1870 an Otto Risch. Der Bilderbücherverlag ging 1876 an Eger und Distler in Stuttgart über und wurde 1882 von Carl Wilh. Fr. Egler ebenda erworben.

Nach einem vielbewegten Leben, das ihn auch im kommunalen und Staatsleben seiner Heimat zu einem hervorragenden Kämpfer heranwachsen ließ, starb Scheitlin am 23. 9. 1901.

Quellen: Aus dem Leben von C. P. Sch., St. Gallen 1902; Börsenblatt d. deutsch. Buchhandel 1902.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 843-845.
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