[1081] Teubner (Leipzig). Der Begründer der bekannten Leipziger Firma, Benedictus Gotthelf Teubner, wurde zu Großkraußnigk in der Grafschaft Sonnenwalde in der Niederlausitz am 16. Juni 1784 geboren. Den größten Teil seiner Jugend verlebte er in Gossmar, wohin sein Vater als Prediger versetzt wurde. Dieser erteilte ihm selbst den nötigsten Schulunterricht, der bei der überaus starken Familie des Vaters nur ein äußerst dürftiger sein konnte. Im Oktober 1798 trat er beim Hofbuchhändler Meinhold zu Dresden in die Lehre und arbeitete nach Beendigung der Lehrzeit von 1803 an als Schriftsetzer in der Jacobaeer'schen Offizin in Leipzig und dann auf der Wanderung eine Zeit lang in Preßburg. Im Juli 1806 nach Leipzig zurückgekehrt, übernahm er die Leitung der dortigen Weinedel'schen Buchdruckerei, die er nach Weinedel's, seines Schwagers Tode für Rechnung des Erben von 1808 an noch drei Jahre lang fortführte und dann käuflich an sich brachte. Er eröffnete das Geschäft unter seinem Namen am 21. Februar 1811.
Obwohl ohne eigene pekuniäre Mittel, wußte er doch durch angestrengteste Tätigkeit, Umsicht und Geschicklichkeit der kleinen nur aus zwei hölzernen Pressen und einer geringen Auswahl von Schriften bestehenden Buchdruckerei bald einen ersichtlichen Aufschwung zu geben. Sein eifriges Streben, die ihm übertragenen Druckarbeiten mit Akkuratesse und Eleganz auszuführen, erwarben ihm das Wohlwollen einiger bedeutender Verlagsbuchhandlungen, die ihn sowohl mit erheblichen Aufträgen als auf andere Weise unterstützten. Insbesondere war es Heinrich Wilhelm Hahn in Hannover, der die Bestrebungen des tätigen jungen Mannes in der liberalsten Weise zu fördern stets bereit war. Ihm und seinem Nachfolger, dem Oberkommerzrat H. W. Hahn in Hannover, verdankte Teubner zunächst seiner eigenen rastlosen Tätigkeit einen großen Teil der aus kleinen Anfängen sich immer mehr entwickelnden Bedeutung seines Geschäftes.
Nachdem die Kriegsjahre, nicht ohne mancherlei Hemmnisse, Gefahren und Sorgen, glücklich überstanden waren, kam die im deutschen Verlagsbuchhandel eingetretene größere Regsamkeit auch der Teubnerschen Buchdruckerei zugute, und schon nach zehnjährigem Bestehen seines Geschäfts konnte Teubner ein von ihm selbst erbautes großes Haus am jetzigen Augustusplatze beziehen, in welches[1081] er im Jahre 1821 die damals 11 hölzerne Handpressen umfassende Buchdruckerei verlegte. Vorher hatte er auch für F. A. Brockhaus, weil dieser als nicht gelernter Buchdrucker eine eigene Buchdruckerei unter seinem Namen nicht errichten durfte, die »zweite Teubnersche Buchdruckerei« eingerichtet, welche unter dieser Firma vom 18. Januar 1818 bis zum 21. Oktober 1821 für Rechnung von F. A. Brockhaus bestand und dann von Friedrich Brockhaus übernommen und unter eigenem Namen fortgeführt wurde.
Auch im neuen Hause gewann die Teubnersche Buchdruckerei unter der umsichtigen Führung Teubners, der keine Anstrengung scheute und oft bis in die späte Nacht selbst am Setzkasten stand, immer größere Ausdehnung. Die sich mehrenden Aufträge bedeutender Verleger des In- und Auslandes, seit 1831 der Druck der Leipziger Zeitung, der Druck des Börsenblattes für den deutschen Buchhandel seit dessen Entstehen und des eigenen Verlages machten eine fortwährende Vermehrung der typographischen Hilfsmittel nötig. Die geschäftlichen Räume des neuen Hauses reichten bald nicht mehr aus und es mußte abermals ein neues großes Geschäftshaus Poststr. 3, wo sich das Geschäftshaus, wiederholt vergrößert, heute noch befindet, mit einem geräumigen Niederlagsgebäude aufgeführt werden.
Im Jahre 1839 nahmen diese neuen Räume sämtliche Geschäftszweige in sich auf. Die Druckerei umfaßte zu dieser Zeit 2 Schnellpressen und 25 meist eiserne Handpressen nebst den nötigen Einrichtungen zu den mannigfaltigen, damals mehr als jetzt üblichen und von Teubner mit Vorliebe kultivierten Druckweisen, zum Congreve-, Gold-, Silber-, Bunt- und Hochdruck. Außerdem waren damit eine Gravier-Anstalt, Schriftgießerei, Stereotypie und xylographische Anstalt verbunden.
Einen weiteren Neubau führte Teubner schließlich im Jahre 1852 auf seinem Grundstücke aus, sodaß dasselbe nun aus 4 von ihm selbst erbauten, einen Hof im Quadrat umschließenden Gebäuden bestand, von denen zwei zu Wohnungen und vermieteten Geschäftsräumen eingerichtet wurden.
Neben dem Leipziger Geschäfte hatte im Jahre 1832 Teubner auch in Dresden eine Buchdruckerei errichtet, in welcher seit Einführung der Konstitution die Verhandlungen des sächsischen Landtags, das Dresdner Gesangbuch, das offizielle Dresdner Journal und mannigfache andere Arbeiten, namentlich für die Höchsten und Hohen Behörden des Landes gedruckt werden, deren Wohlwollen durch eine streng gewissenhafte und sorgfältige Ausführung der ihm[1082] erteilten Aufträge, wie durch pflichtgetreue Geschäftsführung überhaupt sich Teubner ununterbrochen zu erhalten wußte. Dieses Wohlwollen der Behörden in Verbindung mit dem ihm stets ungeschmälert gebliebenen Vertrauen seiner Geschäftsfreunde, des Vorstandes des Börsenvereins deutscher Buchhändler usw. setzten ihn in den Stand, seine Geschäfte auf einem den gesteigerten Anforderungen der Zeit entsprechenden Standpunkte zu erhalten. Der Ruf seiner typographischen Leistungen, durch Prämien auf verschiedenen Industrie-Ausstellungen anerkannt, verbreitete sich weit über Deutschlands Grenzen hinaus, sodaß in der Kantateversammlung deutscher Buchhändler, Ostermesse 1856, deren Vorsitzender, Dr. Veit aus Berlin, mit Recht sagen konnte: »Aus kleinen Anfängen hat sich Teubner emporgearbeitet, er hat es verstanden, durch die treueste Sorgfalt für das geschäftliche Detail sich den Blick in das Ganze nicht abstumpfen und verkümmern zu lassen. So gelang es ihm, alle Zweige der typographischen Tätigkeit in seiner Offizin zu vereinigen und zu einer Vollkommenheit auszubilden, die den Erzeugnissen seiner Pressen einen europäischen Ruf erworben hat.«
Eine kaum geringere Bedeutung als die Buchdruckerei hat sich die von Teubner gegründete Verlagsbuchhandlung, namentlich im letzten Jahrzehnt seines Lebens, zu erringen gewußt. Schon im Jahre 1824 begann Teubner eine Sammlung griechischer und lateinischer Klassiker zu verlegen, die, nach und nach den Umfang von zirka 80 Bänden erreichend, damals vielen Beifall und weite Verbreitung fand. An sie reihte sich eine Anzahl anderer Artikel meist philologischen Inhalts, so die auf F. Passow's Anregung 1926 begründeten, noch heute bestehenden »Jahrbücher für Philologie und Pädagogik« an. Doch nahmen die Buchdruckereigeschäfte die Tätigkeit und Mittel Teubners damals noch in solchem Grade in Anspruch, daß er dem Verlage eine größere Ausdehnung nicht geben konnte. Eine vom 1. Januar 1831 an beginnende Assoziation mit F. Claudius für die Verlagsbuchhandlung, welche nun »B. G. Teubner & F. Claudius« firmierte, löste sich bereits mit dem 31. Dezember 1832 wieder auf, ohne von erheblichem Einflusse auf eine größere Entwickelung des Verlagsgeschäftes gewesen zu sein. Freilich war Teubners Tätigkeit während dieser Zeit auch noch durch das Ehrenamt eines Stadtrats, zu welchem ihn das Vertrauen seiner Mitbürger im Jahre 1831 berufen hatte, in Anspruch genommen worden. Dagegen erhielt er im Jahre 1832 eine true Hilfe in allen Zweigen des Geschäftes in seinem Schwager und nachherigem Schwiegersohne Eduard Koch. Derselbe trat am 1. April 1842 als öffentlicher Teilnehmer in die Firma B. G.[1083] Teubner ein und seine Wirksamkeit blieb auch für das Verlagsgeschäft nicht ohne sichtbare Folgen. Dasselbe wandte sich unter seinem Einflusse vorzugsweise der damals aufblühenden Richtung der populären Heft-Literatur, der illustrierten Schriften und der Belletristik zu, und eine Reihe teilweise bedeutender Werke auf diesen Gebieten bezeichnen diese Periode des Teubnerschen Verlages.
Später kam die ursprünglich verfolgte wissenschaftliche Richtung wieder mehr zur Geltung und mit der im Jahre 1849 begonnenen Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana, einer neuen Sammlung von Textausgaben der griechischen und lateinischen Klassiker, beginnt eine neue Epoche des Verlagsgeschäftes. An diese Sammlung, welche nach und nach auf 170 Bände anwuchs, und sich überraschend schnell überallhin Bahn gebrochen hat, wo humanistische Studien getrieben werden, schloß sich zunächst eine Reihe wichtiger Schriften vornehmlich auf dem Gebiete der klassischen Philologie und Altertumswissenschaft an, abwechselnd mit teilweise bedeutenden Werken aus anderen Zweigen der Wissenschaft, namentlich der Theologie, Mathematik, Geschichte und Medizin.
Die Unternehmungslust Teubners schien in der Tat mit seinen Jahren zuzunehmen. Bereitwilligst ging er selbst auf große und schwierige Unternehmungen ein, auch wenn er auf einen Ersatz der oft bedeutenden Kosten erst in ferner Zukunft rechnen durfte. Während der Verlagskatalog von 1824-1847, also für einen Zeitraum von 24 Jahren, nur zirka 200 Titel aufweist, sind in den Jahren 1848-1860, in der Hälfte jener Zeit, zirka 500 Artikel mit der Verlagsfirma B. G. Teubner erschienen, die sich fast durchgehends einer Bedeutung für die Wissenschaft oder für den Unterricht rühmen dürfen.
Mit dem 1. Juli 1854 zog sich Koch aus Gesundheitsrücksichten von den Geschäften zurück. Dagegen war am 1. Oktober 1853 Adolf Roßbach, ebenfalls Schwiegersohn Teubners und seit 1845 geschäftsführender Teilhaber der Dresdner Buchdruckerei, als Associé für sämtliche Geschäfte in Leipzig eingetreten, während ein dritter Schwiegersohn, Albin Ackermann, die Führung des Dresdner Geschäfts übernahm. Mit ihnen vereint wirkte Teubner noch bis zum Oktober 1855, wo nach der Rückkehr von der Philologenversammlung in Hamburg, die er mit seinem Schwiegersohn Professor Dietsch in Grimma besucht hatte, eine schon länger von ihm gefühlte Krankheit zum Ausbruch kam, von der er nicht wieder erstehen sollte. Er starb nach mehrmonatlichem Krankenlager am[1084] 21. Januar 1856, tief betrauert von seiner Witwe und vier verheirateten Töchtern, wie von allen, die ihm verwandtschaftlich nahe standen oder in nähere Beziehungen zu ihm gekommen waren. Die Geschäfte in Leipzig und Dresden gingen nach seinem Willen an Adolf Roßbach und Albin Ackermann über, welche dieselben unter der alten Firma im Sinne und Geiste ihres Gründers fortführten.
B. G. Teubner gehörte zu der immer seltener werdenden Klasse von Männern, die von der eigenen Arbeit aus sich emporzuschwingen verstehen. Große geschäftliche Gewandtheit, Scharfblick, Klarheit und Sicherheit der Auffassung und des Ausdrucks, die er sich trotz der dürftigsten Schulbildung angeeignet hatte, in Verbindung mit einer seltenen Ausdauer, setzten ihn in den Stand, die großen Schwierigkeiten zu überwinden, die sich ihm, wenn auch vielfach von Glück und Umständen begünstigt, doch nicht selten in den Weg stellten. So hat er, als mittelloser Schriftsetzer nach Leipzig gekommen, durch Fleiß, Energie und Unternehmungsgeist in allen Zweigen seines Geschäftes erhebliche Erfolge erzielt und sich einen ehrenvollen Namen als Buchdrucker und Buchhändler zu erringen gewußt.
»Mitten in der kleinen Welt von Geschäften«, so lautet ein Nachruf, »die er sich erschuf und, von tüchtigen Kräften unterstützt, mit rastloser Tätigkeit und sicherem Geschäftsblicke teils in seinem eigenen Namen fort-, teils für andere ausführte, ließ er es auch nicht an der Freundlichkeit fehlen, die ihm die Herzen anderer gewann, und darum haben sich viele der Auszeichnungen erfreut, die dem betriebsamen Manne von mehr als einer Seite her als Anerkennung seines gemeinnützigen und künstlerischen Strebens zuteil geworden sind.«
Der Tod des Firmengründers führte keinen besonderen Stillstand im Entwicklungsgang des Teubnerschen Verlages herbei. Vielmehr hat sich der Verlag in der Folgezeit nicht bloß durch zahlreiche eigene Unternehmungen vermehrt, sondern auch durch den Ankauf der Gothaer Bibliotheca Graeca cur. Jacobs et Rost und des gesamten Verlags der erloschenen Firma Ebeling & Plahn in Berlin mit Einschluß eines Teils des von dieser Firma früher erworbenen Verlages von E. Leibrock in Braunschweig und einiger Artikel, welche zur Zeit in der Fleckeisen'schen Buchhandlung in Helmstedt erschienen waren. Im März 1872 trat Dr. phil. August Schmitt als Teilhaber der Verlagsbuchhandlung und am 1. Juli 1875 Arthur Roßbach als Teilhaber sämtlicher Teubnerschen Geschäfte in Leipzig und Dresden ein. Der Verlag bewegte sich auch in neuerer Zeit vorzugsweise auf den[1085] Gebieten der Philologie und Altertumswissenschaft, der Unterrichtsmittel für höhere Schulen und der mathematischen und technischen Wissenschaften.
Im Jahre 1898 starb Adolf Roßbach, 1904 Albin Ackermann-Teubner. Die gegenwärtigen Besitzer der Firma sind: Hofrat Dr. Alfred Ackermann-Teubner seit 1882, Dr. Alfred Giesecke seit 1893 und Konrad Giesecke seit 1904. Die Richtung der Verlagstätigkeit bewegt sich fast ausnahmslos auf folgenden Gebieten: Philologie, Mathematik, Naturwissenschaften, Pädagogik und Handelswissenschaften. Die Hauptunternehmungen sind folgende:
Die die Grundlage des Verlages bildende und noch heute fortgesetzte Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana, die gegenwärtig 550 Bände umfaßt, der von den Akademien zu Berlin, Göttingen, Leipzig, München und Wien herausgegebene Thesaurus linguae latinae, der seit dem Jahre 1900 erscheint, die im Auftrage der Akademien in Göttingen, Leipzig, München und Wien seit dem Jahre 1898 herausgegebene Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften, die von Professor Paul Hinneberg in Berlin herausgegebene Enzyklopädie »Die Kultur der Gegenwart«, die eine Gesamtdarstellung der historischen Entwicklung unserer heutigen Kultur auf allen Gebieten geben will (erscheint seit 1905), die seit 1899 erscheinende Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen »Aus Natur und Geisteswelt«, die heute 240 Bände umfaßt, von denen bereits eine ganze Reihe in 4. Auflage vorliegt, seit 1901 der »Künstlerische Wandschmuck für Schule und Haus« (Künstlersteinzeichnungen bezw. Originallithographien).
Was die Firma B. G. Teubner auf dem Gebiete der Schul- und verwandter Literatur geleistet, ist wohl allgemein bekannt. Ueber die Verlagsunternehmungen der Firma auf dem Gebiete der Mathematik, Naturwissenschaften und Technik nebst Grenzwissenschaften orientiert ein jüngst erschienener, dem 4. internationalen Mathematiker-Kongreß in Rom (6.-11. IV. 1908) gewidmeter Verlagskatalog, der auf nicht weniger denn 520 Seiten die Verlagsunternehmungen dieses Riesengeschäftes aufzählt. Auf dieses Verzeichnis muß hier wegen Platzmangel verwiesen werden.
Der Teubnerschen Druckerei angeschlossen sind eine eigene Schriftgießerei, Galvanoplastik, sowie Reproduktionsanstalt und seit 1905 eine Buchbinderei. Beschäftigt sind in den einzelnen Betrieben insgesamt 870 Personen. Davon entfallen auf die Verlagsbuchhandlung 154, auf die technischen Betriebe 566 und auf die Dresdner[1086] Druckerei 150 Personen. In den technischen Betrieben sind 50 Buchdruckschnellpressen und zirka 100 Hilfsmaschinen aufgestellt, für die die Kraft von 2 Dampfmaschinen mit 3200 PS und 2 Dynamos von 2830 Ampére geliefert wird.
Quellen: Teubner'sche Verlagskataloge 1861 uff.; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1856 uff.
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