[950] Tonger, P. J. Die Gründung des Hauses Tonger datiert aus dem Jahre 1822, in welchem Jahre August Jos. Tonger das Geschäft als Buch- und Kunsthandlung ins Leben rief. Das Plätzchen, welches man damals den Musikalien großmütig gewährte, muß ein sehr bescheidenes gewesen sein, denn es genügten einige Fächer zur Unterbringung dieses »Musiklagers«. Kein Wunder, nur wenige konnten sich die teueren Noten anschaffen und man behalf sich lieber mit Abschreiben, was in der guten alten Zeit noch ungestraft geschehen durfte. Der Musikalienhandel steckte damals[950] noch arg in den Kinderschulen und verblieb darin, bis die Vervollkommnung der Technik im Herstellungsverfahren anfangs der siebziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung nahm und dadurch dem Notenhandel ganz andere Bahnen anwies. 1838 wurde von der Firma Gaul und Tonger das Pfennigmagazin für Gesang und Guitarre übernommen und damit der neueren Richtung des Verlages die Wege geebnet. 1872 wurde eine Trennung des Geschäftes vorgenommen, die Musikalien- und Instrumentenhandlung zweigte sich unter der neuen Firma P. J. Tonger ab.
Mit weitsehendem Blick setzte der neue Besitzer sich von Anfang an ein bestimmtes Ziel; das er unverrückt im Auge behielt und das Geschäft zur jetzigen Höhe erhob, nämlich die Verbreitung guter, volkstümlicher Musik in tadellosen, billigen Ausgaben.
Die Firma P. J. Tonger faßte diesen Geschäftsgrundsatz gleichzeitig als eine kulturelle Aufgabe auf, und ihr ist es nicht zum wenigsten zu danken, wenn gegenwärtig die Pflege der Musik in die breitesten Volksschichten eingedrungen ist. Es dürfte wohl nur wenige musiktreibende Familien geben, die sich nicht im Besitz eines oder des andern jener schönen Albums für Klavier, für Violine oder Gesang befindet, die in so reichem Maße den Ansprüchen im Familienkreise Rechnung tragen. Daneben wirkte die vorzüglich redigierte »Neue Musikzeitung«, die in einer Auflage von 54000 Exemplaren erschien, als mächtiges Hebemittel zur Erweckung des musikalischen Sinnes im Volke.
Der Tongersche Verlag der Verlagskatalog umfaßte im Frühjahr 1907 160 Seiten in Oktav umfaßt Tausende von Werken, namentlich guter populärer Musik und Unterrichtswerke, auch gegen 1000 aufführungsfreie Chöre sowie in neuerer Zeit die als eine besondere Eigenart des Verlags zu betrachtenden Taschen-Musik-Albums, die, ebenso wie die Werke für den Unterricht, zum Teil in erstaunlich hohen Auflagen gedruckt werden mußten. So hat die bekannte Hohmann-Heimsche Violinschule bereits das 200. Tausend erreicht und die Taschenalbums sind in über 600000 Exemplaren verbreitet.
Die Sortimentsabteilung der Firma ging 1880 an G. Grüttner über; 1893 verkaufte dieser sie an Hugo Inderau, der das Geschäft seitdem unter der Firma Kölner Lehrmittelanstalt Hugo Inderau fortführt.
Quellen: Verlagskatalog 1907.