Trübner, Karl

[1076] Trübner (Straßburg). Der im Jahre 1907 verstorbene berühmte Straßburger Verleger Kommerzienrat Dr. Karl J. Trübner begründete sein Geschäft als Sortiment und Verlag im Jahre 1872. 1890 nahm er E. d'Oleire als Teilhaber in das Sortiment auf, das dieser im folgenden Jahre ganz übernahm. Trübner führte den inzwischen zu kolossaler Ausdehnung herangewachsenen Verlag weiter. 1884 hatte er bereits käuflich die Verlagswerke von Julius Groos in Heidelberg erworben, diese im nächsten Jahre aber bereits wieder an Carl Winter und Friedrich Wolff abgegeben.

Trübners Verlagskatalog zeigte bereits 1897 einen Umfang von rund 150 Oktavseiten. Wir finden darin die klangvollsten Namen der deutschen Gelehrtenwelt, namentlich auf dem Gebiete der Sprachenforschung vertreten. Trübners Name ist mit der Geschichte eines der bedeutendsten handschriftlichen Werke des Mittelalters,[1076] mit der »Manessischen Liederhandschrift« eng verbunden. Er erwarb die kostbare Handschrift, die für die Kenntnisse des deutschen Minnesanges von unermeßlichem Werte ist, im Jahre 1888 aus der Bibliothéque nationale zu Paris.

Das Werk war um 1330 in der deutschen Schweiz entstanden; es umfaßt 427 Folien in Pergament und bildet eine Anthologie von 140 Minnesängern des zwölften bis vierzehnten Jahrhunderts, die mit siebentausend Strophen vertreten sind. Die Handschrift ist mit 137 wertvollen Miniaturbildnissen geschmückt. Sie befand sich bis zum sechzehnten Jahrhundert im Besitz des Kurfürsten von der Pfalz zu Heidelberg; bei der Eroberung der Stadt durch Maximilian von Bayern wurde die Liedersammlung dem Papste geschenkt. Etwa dreißig Jahre später kam sie von Rom nach Paris, wo sie bis zur Zurückerwerbung durch Trübner verblieb. Dieser übergab sie Kaiser Wilhelm I., der sie nach Heidelberg überwies, wo sie den vornehmsten Schmuck der Universitätsbibliothek bildet.

Von hervorragenden Verlagsautoren seien hier nur genannt: K. Brugmann, B. Delbrück, C. Capeller, Gust. Meyer, A. Thumb, Georg Bühler (Herausgeber des großangelegten Grundrisses der indoarischen Philologie und Altertumskunde), P. Jensen, Johannes Dümichen und W. Spiegelberg (Aegyptologen), Jul. Beloch, Karl Bartsch, A. Brandl, Bernh. ten Brink, Hermann Paul (Herausgeber des Grundrisses der germanischen Philologie), R. Henning, O. B. Jiriczek, F. Kauffmann, Fr. Kluge (Etymologisches Wörterbuch), R. Koegel, Sophus Müller, Wilh. Scherer, K. Schorbach, W. Wilmanns, G. Gröber (Grundriß der romanischen Philologie), Herm. Baumgarten, K. Hillebrand, Gustav Schmoller u.a. Besonders erwähnt seien auch noch die »Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker.«

Quellen: Verlagskatalog 1897; Berliner Tageblatt 1907.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 6. Berlin/Eberswalde 1908, S. 1076-1077.
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