Zainer, Günther

[1058] Zainer. Günther Zainer aus Reutlingen war nicht nur der erste, sondern wohl auch der bedeutendste Augsburger Typograph des 15. Jahrhunderts. Obschon er erst 1472 Bürger von Augsburg wurde und bis dahin nur Günther der Schreiber heißt, so hat er doch schon vorher dort gedruckt und zwar einzelne Traktate schon 1466, dann 1468 die »Meditationes vitae domini nostri Jesu Christi«. 1472 druckte er das älteste Werk der populären Jurisprudenz und zwar den »Processus Luciferi contra Jesum« des Jacobus de Theramo in deutscher Sprache. Besonders erwähnenswert sind auch seine beiden deutschen Bibelausgaben, von der die mit der Jahreszahl 1477 erschienene zugleich die erste datierte deutsche Bibel ist. Beide Ausgaben, sagt Kapp, sind in ihrem schönen Druck mit großen fetten Typen, dem vortrefflichen Papier, prächtigen Initialen und Bilderschmuck wahre Monumentalwerke der Buchdruckerkunst, welche alle anderen Bibelausgaben durch die Größe ihres Formats überragen. Zainers 1469 gedrucktes »Chatolicon« ist noch weit seltener als dasjenige Gutenbergs aus dem Jahre 1460. Zainers bis zum Jahre 1477 gehende Tätigkeit umfaßt etwa 30 Werke, deren technische Ausführung aber eine derartige ist, daß man ihm entschieden ein hervorragendes Verdienst um die Kunst zugestehen muß.

Auch Johann Zainer in Ulm war aus Reutlingen gebürtig und scheint auch mit dem Augsburger Zainer geschäftlich verbunden gewesen zu sein, was aus der Gleichmäßigkeit der von beiden geführten Typen hervorgeht; Wegener läßt ihn als Gehilfen Mentelins erscheinen. Der Beginn seiner Tätigkeit in Ulm, 1465 wird er in[1058] Straßburg als zunftmäßiger Maler genannt, muß um 1469 (nach Wegener sogar um 1466) angesetzt werden, ihr Ende erreicht sie 1520. 1523 hat er einen Streit mit Hans Grüner, dessen Veranlassung möglicherweise der Verkauf von Zainers Offizin an diesen Hans Grüner sein mochte. Dieser vielseitige Mann wird in Ulms Geschichte erwähnt als Rektor, Buchdrucker, Buchhändler, Ökonom, Fürkäufler, Geldschauer und Wirt! Im Gegensatz hierzu glaubt Wegener, daß Zainer 1487 oder 1489 gestorben und die Offizin auf seinen Sohn Hans Zainer übergegangen sei. Demnach faßt Wegener die Ergebnisse seiner Untersuchungen wie folgt zusammen: Johannes Zainer war unzweifelhaft der Erstlingsdrucker von Ulm, der von etwa 1466-89 dort Bücher gedruckt und verlegt hat. Er war von Hause aus ein Maler und die ihm in diesem Beruf gewährte Ausbildung brachten es mit sich, daß seine Drucke, sobald er genügend kapitalkräftig war, die Erzeugnisse der heimatlichen Druckereien weit überragten. Vertraut mit dem Schmiedehandwerk hat er sich seine Typen meist selbst hergestellt. Seiner Presse verdankten, abgesehen von einigen hervorragenden Volksbüchern, viele bedeutende theologische Werke, einige in erster Ausgabe, ihren Ursprung. Der Text ist zumeist tadellos wiedergegeben und ihr Wert durch die korrekte Schreibweise noch erhöht. – Sein Sohn Hans fand ein verschuldetes Geschäft vor, das er nur mühsam vor der Auflösung bewahren konnte. Er beschränkte sich daher im Allgemeinen darauf, neben einigen Auftragsdrucken eine kleinere Anzahl bescheiden ausgestatteter Volksbücher zu drucken, die hinter den gleichartigen Produktionen seines Vaters weit zurückblieben. Man kennt von Zainer gegen 80 Drucke, meistens mit Holzschnitten und prächtigen Randverzierungen. Unter den 44 datierten Drucken, welcher Haßler aus den Jahren 1473 bis 1515 anführt, befinden sich die Werke seines Gönners, des Arztes Steinhövel, der auch Verfasser der ältesten gedruckten deutschen Geschichts-Chronik ist; ferner eine Anzahl Volksbücher und Kalender, darunter ein »Aderlaßkalender« aus dem Jahre 1489 u.v.a.

Unter den ersten Ulmer Druckern, sind außer dem schon in Bd. III, Seite 487 d. W. behandelten Ludwig Hohenwang noch zu nennen Leonhard Holl, 1482-84, ein ehemaliger Spielkartendrucker; Conrad Dinckmut, 1476-1496, und Johann Reger, 1486-1489.

Holl druckte als erstes Werk die Geographie des Ptolemäus mit Landkarten, welche in Holz geschnitten waren.

Quellen: Haßler, Buchdruckergeschichte Ulms, Ulm 1840; Klemm, Beschreibender Katalog des Bibliograph. Museums, Dresden 1884; Kapp, Geschichte des Buchhandels; Wegener, Die Zainer in Ulm, Straßburg 1904.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 6. Berlin/Eberswalde 1908, S. 1058-1059.
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