Angekok Poglit

[48] Angekok Poglit, ein grosser Weiser, Arzt und Geisterbeschwörer höheren Grades bei den Grönländern. Um dieses zu werden, begibt der Angekok sich in eine einsame Hütte und trägt dem grossen Geist der Grönländer, Torngarsuk, sein Verlangen vor. Dieser erscheint als weisser Bär, zieht den Weisen nach dem Meere hin, stürzt sich mit ihm hinein, wird sammt ihm von einem Walross aufgefressen und dann stückweise in den einzelnen Knochen an's Land geworfen, worauf die entflohene Seele den Körper wieder belebt und derselbe nun jeder Ehre würdig ist, unter anderen auch der, an einem langen Riemen in den Himmel zu klettern, oder sich daran in die Unterwelt hinabzulassen. Letzteres ist nicht so leicht; es geschieht, um die von der bösen Regentin der Hölle zurückgehaltenen Seethiere zu befreien, und kann nie anders als in Gesellschaft des Torngak zurückgelegt werden, denn der Poglit muss ein spiegelblankes, schmales Rad von Eis, welches sich mit reissender Schnelligkeit umdreht, als Brücke gebrauchen, um über den Abgrund zu gelangen, und über ein schwankendes Seil führen lassen, welches allein einen zweiten Abgrund zugänglich macht. Wenn er in die Wohnung der Göttin tritt, fährt diese in Entsetzen und Grimm auf, um ihn zu vernichten; allein sie wird ergriffen, ehe sie ihr Vorhaben ausführt; die Amulete, welche die Seethiere bei ihrer Wohnung zurückhalten, werden ihr abgerissen, und sie wird mit den Haaren an einen Pflock festgebunden, damit die Beschwörer Zeit haben, zurückzukehren, welches dann auch sogleich bewerkstelligt wird. Die Seehunde und Fische sind unterdessen schon oben angelangt, haben den Sieg über die böse Hexe verkündigt und lassen sich gutwillig von den Menschen fangen.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 48.
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