Bauge

[99] Bauge oder Baugi (Nord. M.), ein Jote, Bruder des Suttung, welcher den köstlichsten Meth, dem Dichtkunst und Wohlberedtsamkeit ihren Ursprung verdanken, besass. Odin wünschte denselben zu haben, machte jedoch vergebens dem Riesen freundliche Vorschläge. Hierauf verwandelte er sich in Knechtsgestalt, tödtete neun, auf einer Wiese für B. arbeitende Knechte, und erbot sich demselben, ihre Arbeit zu verrichten, wenn er ihm zu einem Trunk von dem Dichtermeth verhelfen wollte. B. versprach es, und führte nach vollzogener Bedingung den Gott zu dem Berge, in welchem sein Bruder wohnte. Der Eingang war durch einen Felsen verschlossen, welchen Odin dem B. zu durchbohren befahl; mehrmals sagte derselbe, es sei geschehen, allein Odin liess sich nicht täuschen, er bliess in das Bohrloch, und da der Staub ihm in's Gesicht flog, sah er, dass der Fels keineswegs durchbohrt sei; endlich fiel der Staub in die Höhle hinein, Odin verwandelte sich in eine Schlange und kroch hindurch, und als B. mit dem Bohrer nach ihm stach, sah er, wie wenig er sich getäuscht, als er dessen Hinterlist fürchtete. Er verwandelte sich nun in den schönsten Mann, gewann durch seine Gesänge und seine Gestalt die Liebe der Gunlöde, Tochter des Suttung, und sie ergab sich ihm während dreier Nächte, ihm auch noch drei Züge von dem Dichtermeth erlaubend, welchen sie bewachte. Odin trank mit diesen Zügen all' ihren Vorrath aus, und entfloh in Gestalt eines Adlers, doch nicht ohne Gefahr, denn Suttung suchte ihn in derselben Gestalt zu ereilen. Schon hatte Odin Asgard erreicht, allein der Adler war ihm so nahe, dass er etwas von dem Meth von hinten verlor; diesen bekamen die schlechten Dichter. Den übrigen genossenen Meth spuckte Odin in Gefässe aus; die Götter verwahrten ihn und gaben nur selten, und nur ihren Lieblingen, etwas davon.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 99.
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