Charon

Fig. 74: Charon
Fig. 74: Charon

[133] Charon, (Gr. u. röm. M.), der Fährmann in der Unterwelt: eine, wie es scheint, spätere Vorstellung, wahrscheinlich aus Aegypten gekommen, wo die Sitte herrschte, alle Todten, welche eines ehrenvollen Begräbnisses gewürdigt worden, auf einem Kahn von einem Fährmann nach den Inseln der Seligen, d.h. nach den allgemeinen Begräbnissstätten, bringen zu lassen. Nach der griechischen Sage hält Ch., ein alter Diener des Pluto, am Höllenflusse Wache, nimmt die Seelen, welche Mercur ihm zuführt, in seinen Kahn auf und setzt sie über die Styx oder den Acheron, wofür man ihm einen Obolus zahlen musste, der daher den Verstorbenen unter die Zunge gelegt wurde; diejenigen, welche kein Begräbniss empfangen hatten, mussten ein Jahrhundert lang um die Ufer der Styx schweben. - So auch ist es mit den Lebenden; er darf diese nicht übersetzen, wenn er nicht von den Unsterblichen dazu bevollmächtigt ist; dass er den Hercules übersetzte, ohne dass derselbe ihm den goldenen Ast zeigte, welcher zur Beglaubigung eines göttlichen Auftrags diente, kostete den Ch. auf ein Jahr seine Freiheit. - Homer hat diese Fabel noch nicht gekannt. Eine Darstellung davon nach einem antiken Basrelief, zeigt uns Fig. 74. Zwei Gestalten steigen aus Ch.'s Kahn; die Parce reicht der ersten die Hand; ihre noch volle Spindel zeigt den frühzeitigen Tod dieses Schattens an. Der andere Schatten hat die Grösse eines Kindes. Rechts Lethe mit dem Trank der Vergessenheit.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 133.
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