Cherubim

[134] Cherubim (Israelit. Rel.). Die Ch., die im Allerheiligsten zum Schmuck des Gnadenstuhls dienten, und auch ausserdem ein Hauptschmuck im Tempel waren, hatten ursprünglich eine sinnbildliche Bedeutung, welche jedoch für uns zweifelhaft geworden ist, weil das Grundwesen ihrer Gestalt nirgends angegeben wird. Im ersten Buche Mose heisst es zwar: »Gott lagerte vor dem Garten Eden den Cherub mit einem blossen hauenden Schwerte«, doch waren die Ch. (diess ist die hebräische Form der Mehrzahl) ursprünglich keine Engel, welche es als selbstständige persönliche Geister im Mosaismus gar nicht gab, sondern erst eine spätere Zeit, des Wesens der Ch. unkundig, fasste sie als solche auf. Sie hatten Flügel, welche bei den Orientalen ein Symbol des Schutzes waren. Ueber die Gestalt erfahren wir nur Weniges, und dieses zeigt uns eine Mischgestalt. In seiner eigentlichen Gestalt, mit einem Kopfe, scheint der Cherub kein menschliches Angesicht gehabt zu haben; denn Ezechiel sagt: »Ich sah vier Räder, voller Augen; ein jegliches hatte vier Angesichter; das erste war wie ein Cherub, das andere wie ein Mensch, das dritte ein Löwe und das vierte ein Adler.« Ein andermal sagt er: »Ihre Angesichter zur rechten Seite waren gleich einem Menschen und Löwen, aber zur linken Seite gleich einem Ochsen und Adler.« Uebrigens stammen von den vier zuletzt angeführten Angesichtern der Cherubs-Gestalt die bekannten vier Abzeichen der vier Evangelisten: der Engelskopf bei Matthäus, der Löwe bei Marcus, der Stier bei Lucas und der Adler bei Johannes.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 134.
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