Forejotre

[207] Forejotre (Nord. M.), der vorderste Jote, d.i. der älteste Riese, das Stammhaupt der alten forjontnischen Götter, welche früher, als die Asen, über Skandinavien herrschten, und von dem später ihnen nachfolgenden Odin verdrängt wurden. Ihre Bedeutung liegt so fern und tief im Schoosse der Vergangenheit begraben, dass man nichts als ihren Namen kennt, und nur aus diesem auf eine die Naturkräfte personificirende Mythologie schliesst. F. hatte drei Söhne: Aeger, das Meer, Kare, die Luft, Loge, das Feuer; und eine Tochter Ran, der Raub, ein Meerweib. (Hier ist eine Verbindung mit der spätern Asenlehre nicht zu verkennen, indem Ran dort eine Riesen- oder Joten-Tochter genannt, und mit den Asengöttern verehrt wird.) Diese Schwester ward Aegers Gattin, und erzeugte mit ihm die neun Wellenmädchen: Himingläfa, die Himmelandrohende; Dufa. die Tiefe; Blodughadda, die Blutbegierige; Heffring, die sich Erhebende; Udur, der Untergang; Raun, das Rauschen; Bylgia, der Sturm; Dröbna, die Drohende, das brausende Wasser; und Kolga, die Fluth. Kare, die Luft, erzeugte den Frosta, Frost; dieser erzeugte den Snio hingamble, den alten eisigen Schnee; den Mjoll, weichen Schnee; Faun, das Schneegestöber; Drifa, den Reif; und Thorre, das Glatteis. Loge, der dritte Sohn F.s, vermählte sich mit Glod, der Gluth, und erzeugte mit derselben Einmiria, die Kohle, und Eisa, die Asche. Durch diese Elementar- oder Urgottheiten sind die alten und die neuen Götter mit einander verbunden, oder sie gehen in einander über; die Namen aber, welche sich alle auf Naturereignisse beziehen, scheinen das oben Gesagte zu bestätigen, und so war denn, demzufolge, die ursprüngliche Götterlehre des Nordens ein reiner Naturdienst, wovon deutliche Anklänge auch in den spätern Asendienst übergegangen sind, wie die Weltgestaltung aus dem Blute und den Gebeinen des Riesen Ymer, wie sogar noch einzelne Gottheiten, Thor der Donner, und andere beweisen.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 207.
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