[229] Harpalyce (Gr. M.),
1) Tochter des Harpalycus, eines Königs der Amymnäer in Thracien. Seine Gattin starb früh, und er war genöthigt, sein Kind durch die Milch der Pferde und Kühe aufzuziehen; dann übte er sie in allen kriegerischen Tugenden, und sie lernte die Waffen so trefflich brauchen, dass keiner von den Thraciern sie darin übertraf, lernte so schnell laufen, dass sie sogar über Ströme setzen konnte, ohne mehr, als die Oberfläche des Wassers, zu bewegen. Später blieb ihr Vater in einem Aufstand der Hirten, und nun zog H. sich in die Wälder zurück, mit ihren Genossen ein wildes Räuberleben führend, welches die Hirten zuletzt nöthigte, sie mit Netzen und Garnen zu umstellen und zu tödten. Sie hatte so eben einen Bock geraubt, und da bei der Theilung der Beute es hierüber zum Streit kam, und eine Menge der früher vereinten Hirten sich gegenseitig ermordeten, wähnte man, die Götter wollten ihren Mord rächen, betrachtete sie als eine Göttin, stiftete ihr feierliche Leichenspiele, und suchte ihren Geist durch Todtenopfer und Wettkämpfe auf ihrem Grabe zu versöhnen. Die Aeneis erwähnt ihrer, wo von dem Erscheinen der Venus in Mädchentracht und Gesicht, bewaffnet wie Sparta's Jungfrauen, am Strande von Karthago die Rede ist.