Kama

Fig. 187: Kama
Fig. 187: Kama

[293] Kama oder Kamadewa, (Ind. M.), der indische Liebesgott; wörtlich heisst sein Name »Gott der Begierde«. Er ist der Sohn des Himmels und der Täuschung, und wird auch der dem Herzen entsprungene, unkörperliche, rastlose Gott genannt, lauter sehr bezeichnende Beinamen. Die Zärtlichkeit, Retti, ist seine Gattin, und Wassant (die Blüthenzeit) sein Begleiter, welcher seinen Köcher stets mit Blüthen zu Pfeilspitzen füllt. Sein Lieblingsaufenthalt ist die Gegend um Agra, dort ist das weibliche Geschlecht unter allen Gegenden Indiens am schönsten. K. hatte eine sichtbare Gestalt; da er jedoch den Herrn der Schöpfung, Hara, in seinen Ausübungen störte, so verbrannte ihn dieser durch einen Blick zu Asche; die Götter erweckten ihn, indem sie Nectar darauf tropften, doch seit dieser Zeit heisst er der körperlose. Er wird auf einem Papagei reitend abgebildet; sein Bogen ist von Zuckerrohr, die Bogensehne ist von Bienen gebildet, seine Pfeilspitzen sind die rosenrothen Blüthenknospen des Amrabaumes. - Die Götter wünschten Schiwa zu einer neuen Vermählung zu bereden, und wendeten sich desshalb an den Gott der Liebe; dieser opferte sich nebst seiner Gemahlin freiwillig auf, um in einer andern Form verdachtlos Schiwa nahen zu können; er liess sich demnach verbrennen, um in der Familie des Krischna unter dem Namen Prodymna aufzuerstehen. Ein böser Genius, ein Asur, bemächtigte sich des neugeborenen Kindes, legte es in einen Kasten und warf denselben in's Meer, um den Zweck der Avatera zu vernichten, da Schiwa ohne Liebe viel grausamer war als sonst, was eben den Wünschen des Bösen entsprach. Ein Fisch verschluckte den Kasten, dieser ward gefangen und von einer Magd, welche die wiedergeborne Gattin des Liebesgottes war, getödtet, das Kind gefunden und heimlich auferzogen, bis es gross genug war, um den Riesendämon zu überwinden. Jetzt erkannten Retti und K. einander, erinnerten sich ihres vorigen Zustandes und des Zwecks ihrer Verkörperung, welche sie sogleich verfolgten, indem sie sich an Schiwa's Hof begaben; dort einheimisch, vermählte sich Schiwa von Neuem, und nun gingen Beide wieder als Dewtas in ihr Paradies.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 293.
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