Maja [1]

[319] Maja (Ind. M.), die zweite Hälfte des Urwesens, welches sich selbst ausser sich selbst setzte, um, getrennt in männliches und weibliches Princip, die Welt zu erzeugen; so ist Gott also Vater und Mutter Alles dessen, was da ist; M. aber, die weibliche Hälfte der Gottheit, die Mutter des schaffenden, erhaltenden und zerstörenden Princips (Brama, Wischnu und Schiwa), der Liebe (Kamadewa) u.s.w. Von der bilderreichen Poesie der Indier wird sie als webende Spinne dargestellt, als Weberin des Weltalls, oder als schönes Weib, welches, verschleiert, in den Falten und Schatten dieses Schleiers alle Bilder erschaffener Wesen zeigt. Diese grosse Weltmutter ging von ihrem Ursitz, dem Mittelpunkte Indiens, nach allen vier Weltgegenden aus: im Norden finden wir sie als Mutter der Schakschiamuni, unter den Mongolen im Osten als Mutter des Fo, im Süden als Mutter des Buddha (welche drei übrigens identisch sind), und im Westen scheint sie von den Persern zu den Phöniciern und Griechen als Mutter der Götter, Cybele, welche auch Ma heisst, übergegangen zu sein.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 319.
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