Anstecken

[380] Anstêcken, verb. reg. act. 1. An ein anderes Ding stecken, und zwar,

1) Eigentlich. Den Braten anstecken, an den Bratspieß. Den Ring anstecken, an den Finger. Das Rad anstecken, an die Achse. Ingleichen, mit Nadeln an etwas befestigen. Einen Brief an den Vorhang anstecken. Ein Band anstecken. Daher die Ansteckärmel, kurze leinene Ärmel mit Streifen des andern Geschlechtes, welche an das Hemd angestecket werden.

2) In figürlicher Bedeutung. (a) Anzünden, doch nur im gemeinen Leben, Niedersächsisch ansticken. Eine Fackel, ein Licht anstecken. Die Feinde haben das Haus, die Stadt angesteckt. Das Feuer steckte auch die benachbarten Häuser an. Sie droheten, uns das Haus über dem Kopfe anzustecken. Stecken bedeutet überhaupt, eine Sache in die andere thun. Diese Bedeutung setzt daher voraus, daß das Feuer in oder an diejenige Sache, welche angezündet werden soll, gesteckt wird. Bey dem Anstecken eines Lichtes ist es umgekehret, indem dasselbe an das Feuer gesteckt wird. (b) Mittheilen, doch nur von Krankheiten, durch die Ausdünstung mittheilen, und nach einer noch weitern Figur, auch von Irrthümern, Thorheiten, Lastern u.s.f. Eine ansteckende Krankheit, die sich durch Berührung, oder durch die bloße Ausdünstung andern mittheilet. Die Blattern stecken an, sind eine ansteckende Krankheit. Von oder mit einer Krankheit angestecket werden. Ein räudiges Schaf stecket die ganze Herde an. Der Aberglaube hat ganze Länder mit seinem Gifte angestecket. Welch ein Bösewicht hat deine Vernunft mit seiner Raserey angesteckt? Dusch. Ein ungesunder Verstand steckt oft auch das Herz an.

2. Anfangen zu stecken. 1) In den Bergwerken, wo es so viel bedeutet, als mit Pfählen zu befestigen oder zu verbauen anfangen. Die Strecke muß mit Getriebe angestecket werden, welches im lockern Gebirge geschiehet, das Einfallen zu verhindern. 2) Ein Faß Bier, oder Wein anstecken, anfangen davon zu zapfen, weil ein solches Faß mit dem Ansteckneber oder Ansteckbohrer angebohret, und alsdann der Hahn hinein gestecket wird. In den gemeinen Mundarten sagt man dafür anstechen.

So auch die Ansteckung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Da anstecken eigentlich aus der Niedersächsischen Mundart herstammet, so darf man sich nicht wundern, wenn die ältern Oberdeutschen Schriftsteller dieses Verbum, mit dem ihnen eigenen Hauchlaute, anstechen ausdrucken.


Ein mast mit stachel wol geslagen,

Da was sein Vane gestechet an.


Ein Mast mit Stahl wohl beschlagen, daran wurde seine Fahne[380] angestecket, heißt es in Strykers Rhythm. Abschn. 28. S. Stechen und Stecken.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 380-381.
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