Ast, der

[454] Der Ast, des -es, plur. die Äste, Diminutivum das Ästchen, in Oberdeutschland Ästlein, der Zweig eines Baumes, und dessen Spur im Holze. Und zwar,

1. Derjenige Zweig eines Baumes, welcher an der Seite des Stammes heraus wächset, im Gegensatze der Zweige, in engerer Bedeutung, welche sich von den Ästen absondern, und in weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder Zweig. 1) Eigentlich. Ein starker, schwacher Ast. Holzäste, oder Hauptäste, die größten und stärksten Äste eines Baumes, aus welchen die Fruchtäste entspringen, welche eigentlich die Blätter und Früchte tragen. Falsche Äste, Wasseräste, oder Wasserschosse, unfruchtbare Auswüchse, welche von einem Überflusse an Safte herrühren. Ast hat in dieser Bedeutung immer den Begriff einer mehrern Größe und Stärke als Zweig, daher es auch von kleinen Gewächsen nicht gebraucht wird. In dem Forstwesen werden die Äste und Zweige collective das Obergehölz, der Asterschlag, der Abraum genannt. 2) Figürlich, auch andere Theile, welche sich als Zweige von einem Körper absondern. So nennen die Zergliederer diejenigen Adern, welche aus einer größern, und besonders aus der Hohlader entspringen, Äste. Auch in den Geschlechtsregistern heißen die Seitenlinien von einem gemeinschaftlichen Stammvater, Äste.

2. Die Wurzel oder der Überrest eines Astes in dem Holze. Ein harter Ast. Ein Bret das voller Äste ist. Sprichw. Auf einen harten Ast gehört ein harter Keil, d.i. harte, widerspänstige Gemüther müssen mit gewaltsamen Mitteln gezwungen werden.

Anm. Ast, Goth. Asts, bey dem Ottfried Ast, Nieders. Ast, Oost, Öst und Nast, ist ein altes Wort, welches mit dem Griech. οζος wohl eine mehr als zufällige Ähnlichkeit hat. So fern dieses Wort die Wurzel eines Astes in dem Holze andeutet, heißt es im Niedersächsischen auch Knast, und im Holländ. Knuyst.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 454.
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