[612] Auslêgen, verb. reg. act. 1) Hinaus legen. (a) In eigentlicher Bedeutung. Die Leinwand auslegen, zum Bleichen. Seine Waaren auslegen, zum Verkaufe, oder zur Schau. (b) Figürlich,[612] so fern legen ehedem auch für bezahlen gebraucht wurde, an einen andern bezahlen, doch mit den Nebenbegriffen, daß solches für einen andern zu einem bestimmten Gebrauche und als ein Darlehn geschiehet; und auch hier wird es nur von kleinen Summen gebraucht. Für jemanden auslegen, bezahlen. Ich will es inzwischen auslegen. Es ist mein ausgelegtes Geld. (c) Zur Vermehrung hinlegen; nur in einigen Fällen. Sein Geld auf Wucher auslegen, an andere verleihen. Auf 400 Stämme guter Maulbeerbäume kann man 10 bis 20 Loth Eyer (von Seidenwürmern) auslegen. 2) In etwas Vertieftes legen, und es gleichsam damit ausfüllen. Etwas mit Silber, Gold, Elfenbein, Bernstein u.s.f. auslegen. Ausgelegte Arbeit, die auf solche Art gezieret ist. 3) Aus einander legen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, den Sinn einer Rede, die Absicht einer Handlung erforschen und anzeigen. Eine Schrift, einen Satz auslegen. Das wird ihm übel, gut ausgeleget. Etwas zum besten, zum schlimmsten, oder auf das beste, auf das schlimmste auslegen. Einem etwas als einen Hochmuth auslegen; welche Wortfügung mit als der mit für und zu vorzuziehen ist; einem etwas für einen Hochmuth, oder zum Hochmuthe auslegen.
Anm. In dieser letzten Bedeutung ist auslegen eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Latein, explicare. Ehe die Gewohnheit den Gebrauch des Deutschen Verbi fest gesetzet hatte, suchte man den Sinn des Lateinischen auf andere Art auszudrucken. Kero gebraucht dafür kefaldan, gleichsam entfalten, Ottfried antfristan, über dessen Bedeutung die Sprachforscher noch nicht einig sind, und Tatian, arrekin, erreichen.