Bekleiden

[833] Bekleiden, verb. reg. act. 1. Eigentlich, mit einem Kleide, oder mit Kleidern anthun, mit Kleidern versehen, kleiden. Die Nackenden bekleiden.

2. Figürlich. 1) Überziehen, bedecken. So werden in der Seefahrt die Anker bekleidet, wenn die Fliegen derselben in zwey Breter eingefasset werden, damit sie in dem lockern Sande nicht um sich wühlen. Ein Zimmer bekleiden, es mit Tapeten ausschlagen. Eine Wand bekleiden, sie mit Gewächsen überziehen. 2) Mit etwas, als mit einem Kleide schmücken, in der höhern Schreibart.


Die Sonne macht das Erdreich grün,

Bekleidet Feld und Blumenstücke,

Günth.


Wenn die Seele, mit Lichte bekleidet, dem Körper entflohn ist,

Klopst.


Feld und anger stet bekleit, sang schon Werner von Tuifen; und Sy sey auch bekleyd mit Schön und Schicklichkeit, heißt es im Theuerdank Kap. 25. 3) Jemanden mit einem Amte, mit einer Bedienung, mit einer Ehrenstelle bekleiden, ihm dieselbe ertheilen, weil es ehedem gewöhnlich war, daß die Fürsten auch ihren vornehmsten Hofbedienten jährlich gewisse Kleider gaben, von welcher Gewohnheit sich noch im 16ten Jahrhunderte häufige Beyspiele finden. S. Altes aus allen Theilen der Gesch. Th. I, S. 589. Vornehmlich wurde einem Beamten oder Hofbedienten gleich bey dem Antritte des Amtes ein Kleid verliehen; daher auch in dem Lateine der mittlern Zeiten vestire, investire und advestire, so viel bedeutete, als den Besitz einer Sache übertragen. S. du Fresne und Wachtern v. Investīren und Carpentier v. Drappus. 4) Ein Amt, eine Ehrenstelle bekleiden, verwalten, damit bekleidet seyn, welche Figur ohne Zweifel aus der vorigen entstanden ist, indem es im Deutschen nichts ungewöhnliches ist, daß einerley Zeitwort in einer thätigen und intransitiven Bedeutung gebraucht wird. Haltaus und Ihre leiten diese Redensart von den ehemahls mit Tuch bekleideten Bänken in den Gerichtsstuben her, von welchen man Anlaß genommen haben soll, auch von denjenigen, die darauf gesessen, zu sagen, daß sie die Bänke bekleideten, welche Figur auch hernach auf die ganze Versammlung des Amtes übertragen worden. Allein man siehet leicht, daß diese Erklärung viel zu gezwungen ist. Daher die Bekleidung, so wohl von der Handlung des Bekleidens, in allen obigen Bedeutungen, als auch in einigen Fällen von demjenigen, womit etwas bekleidet wird, besonders in der zweyten Bedeutung; z.B. die Bekleidung eines Ankers, eines Zimmers u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 833.
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