Brüten

[1233] Brüten, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. Als ein Activum, durch die Wärme lebendig machen. 1) Eigentlich, da es von allen Eyer legenden Thieren, besonders den Vögeln und dem Federviehe üblich ist, welche die Eyer mit ihrem Leibe erwärmen, und bedecken. Das Huhn, der Vogel brütet. Daher die Brüthenne, Brütgans u.s.f. eine Henne oder Gans, die da brütet; das Brütfach, ein Fach, worin man Federvieh brüten lässet; das Brüthaus, ein dazu bestimmtes Haus; die Brützeit u.s.f. Sie brüten Basilisken-Eyer und wirken Spinnenweb, Es. 59, 5. Wenn aber Kap. 34, 15, dieses Verbum von dem Igel gebraucht wird, so ist das eine Figur, die man im Hochdeutschen nicht nachahmen darf. Indessen lässet es sich füglich, 2) figürlich gebrauchen, für etwas Böses nach und nach zur Wirklichkeit bringen.


Und Langmuth brütet oft der Staaten Ungeziefer,

Dusch.


Und Zwiespalt brütete Verdorbenheit der Sitten,

Dusch.


Wo es aber für ausbrüten stehet.

II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, zur Hervorbringung erwärmet werden. Die Eyer brüten schon. Noch mehr aber figürlich.


Ha! brütet nicht hierunter ein Betrug?

Weiße.


Und zuweilen, obgleich selten, auch in einem guten Verstande.

Da diese That zur Reife brüten soll,

Weiße.


Anm. Im Holländ. lautet dieses Wort broeden, brueden, im Angels. bredan, im Engl. to brood, bey dem Notker pruten. Die Abstammung ist noch ungewiß, zumahl da mehrere Wörter darauf Anspruch machen können. Indessen scheinet doch der Begriff der Wärme das nächste Recht darauf zu haben; denn Notker gebraucht dieses Wort Ps. 147, 5, ausdrücklich für erwärmen. So er mannige beginnet mit sinemo guote bruoten unde skirmen, also unsih diu uuolla bruotet unde uuider froste skirmet. Und da würde es zu Brühe, Braten, Brodem u.s.f. gehören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1233.
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