Brüten

[514] Brüten, bei Vögeln die von der Mutter oder andern Vögeln bewirkte Erwärmung der Eier behufs Entwickelung der Jungen; im weitern Sinn auch die künstliche Erwärmung der Eier in Brutapparaten (s.d.) zu gleichem Zweck. Bei dem brütenden Vogel wird durch Kongestionen nach dem Unterleib dessen Temperatur erhöht, und zur bessern Übertragung der Körperwärme auf die Eier fallen an gewissen Stellen die Federn aus (Brutflecke), oder der Vogel zieht sie sich selbst aus und benutzt sie zur Ausfütterung des Nestes. Die Brüttemperatur beträgt etwa 36–41°, sie ist unter anderm abhängig von der Beschaffenheit des Nestes und scheint bei Raub- und Singvögeln höher zu sein als bei Schwimmvögeln; sie wird geregelt, indem der Vogel von Zeit zu Zeit sein Nest verläßt, die Eier wendet und anders ordnet etc. Das B. wird gewöhnlich vom Weibchen, bisweilen abwechselnd von beiden Geschlechtern oder nur vom Männchen besorgt; es dauert bei den Kolibris 11–12 Tage, bei den Straußen 7–8 Wochen. Die Großfußhühner verscharren ihre Eier in eigens dazu angehäuftem abgefallenen Baumlaub, dessen Zersetzung die nötige Wärme hervorruft. Bei vielen Reptilien leistet der von der Sonne erhitzte Sand die gleichen Dienste. Die Riesenschlange rollt sich über den Eiern zu einem hohlen Kegel zusammen. Ein Bedecken der Eier mit dem Körper, wobei es sich wohl mehr um [514] Schutz der Eier als um Wärmezufuhr handelt, findet man bei vielen andern Wirbeltieren und Wirbellosen; man spricht auch in diesem Falle von einem Bebrüten der Eier.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 514-515.
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