Drucken

[1560] Drucken, verb. reg. act. welches die Oberdeutsche Form des vorigen ist, und daher im Oberdeutschen auch in allen Bedeutungen des vorigen üblich ist.


Es drucket mich, o Herr, sehr schweres Leid,

Opitz. Ps. 119.


Sie drucken dir dein liebes Erbe,

Opitz. Ps. 94.


Eh, als ich noch gedruckt ward, irret ich,

Opitz. Ps. 119.


Der uns aus der Noth geruckt,

Als man heftig uns gedruckt,

Opitz. Ps. 136.


Welche Form auch Luther in vielen Stellen der Deutschen Bibel beybehalten hat. Und man satzte Fronvögte über sie, die sie mit schweren Diensten drucken sollten, 2 Mos. I, 11, 12. Wir werden gedruckt und geplagt, Klagel. 3, 47. Des Narren Rede druckt, wie eine Last auf dem Wege, Sir. 20, 10 u.s.f. Im Hochdeutschen hat man dieses Zeitwort nur von derjenigen Arbeit beybehalten, da man vermittelst gewisser Formen und Farben Züge und Bilder durch Drücken auf andere Körper überträgt. Figuren auf Leinwand, auf Zeug drucken. Kattun drucken, durch ein solches Drucken einen Zeug in Kattun verwandeln. Gedrucktes Papier, gedruckte Zeuge, welche auf solche Art mit allerley Figuren versehen worden. Besonders von dem Drucke der Bücher. Ein Buch drucken lassen. Es wird noch an dem Buche gedruckt. Er lügt, als wenns gedruckt wäre, im gemeinen Leben.

Anm. 1. Drucken und drücken sind bloß der Mundart nach unterschieden. Die Oberdeutschen gebrauchen in allen Fällen ohne Ausnahme drucken, die Niedersachsen aber drücken. Selbst das Drucken der Zeuge und Bücher heißt im Niedersächsischen drücken, welche Form selbst ein Mahl bey dem Opitz vorkommt. Die Hochdeutschen haben in dieser letztern Bedeutung das Oberdeutsche drucken beybehalten, weil die Erfindung der Sache selbst Oberdeutsch ist, und durch die ersten Oberdeutschen Drucker in Sachsen eingeführet worden. Eben dieses gilt auch von den Zusammensetzungen abdrucken und abdrücken, andrucken und andrücken, aufdrucken und aufdrücken, ausdrucken und ausdrücken, bedrucken und bedrücken, eindrucken und eindrücken u.s.f.

Anm. 2. Bey dem Kero und Notker lautet dieses Wort druchen, bey dem Tatian thrucken, im Angels. thriccan, im Schwed. trycka, im Ital. vermittelst des voran gesetzten Zischlautes struccare, im Herbr. דדך. Es ist, so wie bücken von biegen, zucken von ziehen u.s.f. das Iterativum oder Intensivum von einem Zeitworte, welches bey dem Ulphilas threihan, im Angels. treagan, im Schwed. truga, und im Griech. τρυω, τρυχω, lautet, und gleichfalls reiben, drucken, beunruhigen bedeutet. Unser Deutsches drängen und dringen scheinen von diesem[1560] einfachern Zeitworte bloß durch das eingeschaltete n einer nieselnden Mundart verschieden zu seyn. S. auch Tragen. Im Oberdeutschen wird drucken auch für rucken, rücken, gebraucht.


Das ersach sein geselschaft werd

Trückten im nach mit aller macht,

Theuerd. Kap. 82.


So will ich mit dem andern Zeug

Nachdrucken,

Kap. 91.


Alle Reben so nicht erfroren, fingen erst so spät an zu drucken, Bluntschli, d.i. auszuschlagen, heraus zu rücken.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1560-1561.
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