Ein (1)

[1680] 1. Ein, ein Beywort, welches seiner Natur nach keines Plurals fähig ist, und dessen Declination zuförderst bemerket werden muß. Wenn es das Hauptwort nach sich, aber weder den bestimmten Artikel, noch ein Pronomen vor sich hat, gehet es folgender Gestalt:

Nom. Ein Mann, eine Frau, ein Haus.

Gen. Eines Mannes, einer Frau, eines Hauses.

Dat. Einem Manne, einer Frau, einem Hause.

Accus. Einen Mann, eine Frau, ein Haus.

Stehet aber der bestimmte Artikel voran, so wird es auf folgende Art abgeändert, es mag ein Hauptwort nach sich haben oder nicht:

Nom. Der eine, die eine, das eine.

Gen. Des einen, der einen, des einen.

Dat. Dem einen, der einen, dem einen.

Accus. Den einen, die eine, das eine.

Ist statt des bestimmten Artikels ein Pronomen vorhanden, so wird es noch auf eine andere Art decliniret, wovon bey dem Zahlworte etwas angemerket werden soll. Hat ein endlich weder einen Artikel vor, noch ein Hauptwort nach sich, in welchem Falle andere Beywörter adverbialiter gebraucht werden, der Wald ist groß; so wird es nach der dritten Art der Beywörter abgeändert:

Nom. Einer, eine, eines oder eins.

Gen. Eines, einer, eines.

Dat. Einem, einer, einem.

Accus. Einen, eine, eines oder eins.

[1680] Diese Arten der Abänderung finden Statt, es mag dieses Wort ein eigentliches Zahlwort, oder ein Artikel, oder auch ein Pronomen seyn. Denn es ist in der Deutschen Sprache unter mehr als Einer Gestalt üblich.

I. Ohne alle weitere Rücksicht, als auf die Zahl, da es dem Mehrern entgegen gesetzet wird, und ein Zahlwort in der eigentlichsten Bedeutung ist. Es hat in dieser Gestalt einen scharfen Ton, und wird, um es von den folgenden Beywörtern zu unterscheiden, gern mit einem großen Buchstaben geschrieben. Ein Gott, Ein Glaube, Eine Taufe, Ephes. 4, 5, 6. Es ist auch nicht Ein Mann geblieben. Mit Einem Worte. Der eine, oder, der Eine ist nicht mehr vorhanden. Einer wird ihrer tausend jagen, 5 Mos. 32, 20. Da ist keiner, der Guthes thue, auch nicht Einer, Ps. 14, 4. Es ist nicht Einer davon gekommen. Ihrer zwey jagen Einen. Das ganze Land gehöret Einem. Alle Menschen reden von der Ehre, und unter hunderten weiß kaum Einer, worin sie bestehet. Der letzte ohne Einen. Aus zweyen Eines, oder Eins machen. Eins bitte ich vom Herren, Ps. 27, 4.

Um des größern Nachdruckes willen, oder wenn eine Verwechselung mit dem unbestimmten Artikel ein zu befürchten ist, werden diesem Zahlworte oft noch die Wörter nur, einig, einzig, beygefüget. Es ist nur Ein Kind gestorben. Es ist nur ein einiger, oder ein einziger Mann entkommen. In den beyden letzten Fällen übernehmen die Wörter einig und einzig den Ausdruck der Zahl, ein wird zum bloßen Artikel, und kann alsdann auch den großen Buchstaben entbehren.

Wenn das Geschlecht oder die Art bestimmt wird, zu welcher das Eine Ding gehöret, so wird selbige entweder vermittelst des Genitives, oder auch vermittelst der Präpositionen von, aus, unter ausgedruckt. Einer von den Dieben. Einer unter euch. Einer von beyden. Einer aus der Gesellschaft. Einer meiner Freunde. Im Oberdeutschen ist es gewöhnlich, das Zahlwort alsdann hinter den Genitiv zu setzen. Ob wir mochten vellen seiner gesellen einen, Theuerd. Rüfft darauf zu im seiner Diener ein, ebend. Kap. 70. Der was there ratgeve eine, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter. Und nahm seiner Ribben eine, 1 Mos. 2, 21. Der Obersten einer, Matth. 9, 18. Als ich bey meiner guten Freunde einem im Durchreisen einsprach, Opitz. Welche den Hochdeutschen unangenehme Schönheit auch von einigen neuern Dichtern nachgeahmet worden.


O könnt' ich, Seline, dir doch, der Stunden Eine belohnen!

Zachar.


Hat das Hauptwort ein Pronomen possessivum bey sich, so wird ein zwischen beyde gesetzt, und alsdann auf folgende Art decliniret.

Nom. Mein einer Acker, meine eine Magd, mein eines Pferd.

Gen. Meines einen Ackers, meiner einen Magd, meines einen Pferdes.

Dat. Meinem einen Acker, meiner einen Magd, meinem einen Pferde.

Acc. Meinen einen Acker, meine eine Magd, mein eines Pferd.

Für einer meiner Äcker, oder einer von meinen Äckern. Das Pferd zertrat mein eines Bein, Geßn. Doch diese ganze Wortfügung ist nur den gemeinen Sprecharten eigen. Die alten Oberdeutschen setzten das Zahlwort voran. Ein sin stifsun, Schwäb. Dichter. Ein min wange, Herm. von der Vogelweide.

Oft hat dieses Zahlwort noch einige Nebenbegriffe, welche dessen Bedeutung mehr oder weniger einschränken. Diese sind:[1681] 1) Der Begriff, daß ein Ding nur das einzige in seiner Art sey. Es ist nur Ein Gott. Zu der Zeit wird der Herr nur Einer seyn, und sein Nahme nur Einer, Zach. 14, 9. 2) Der Begriff der Verknüpfung der Zeit und dem Raume nach. Und sie werden seyn Ein Fleisch, 1 Mos. 2, 24. Ein Herz und Eine Seele. S. Eins, welches in dieser Bedeutung am üblichsten ist. Es gehet in Einem fort, im gemeinen Leben, wenn die Theile eines Ganzen, oder mehrerer als ein Ganzes betrachteter Dinge, ununterbrochen auf einander folgen. Es regnet, es blitzet in Einem fort. 3) Der Identität des Individui, welchen Begriff man zuweilen auch durch ein und eben derselbe auszudrucken pfleget. Schon seit zwey Monathen sind wir in Einem Hause, Less. Sie sind mit meiner Frau von Einer Größe, Gell. Eben auf Einen Tag wurden sie alle beschnitten, 1 Mos. 17, 26. Es träumete ihnen beyden in Einer Nacht, Kap. 40, 5. Sie haben alle Einen Vater, Mal. 2, 10. Sieben Ähren auf Einem Halme. Wir schlafen in Einem Bette. Ingleichen der Identität der Art oder des Geschlechtes, für einerley. Sie haben Eine Krankheit.

Wenn man aber ohne Hauptwort, und ohne Beziehung auf ein Hauptwort zählet, gebraucht man das Neutrum eins, welches alsdann keiner Veränderung fähig ist. Eins, zwey, drey u.s.f. Hundert und eins. Ein Mahl eins ist eins. Es schlägt eins. Die Niedersachsen gebrauchen dafür das Neutrum ein, welches auch die Hochdeutschen in den zusammen gesetzten Grundzahlen nachahmen. Ein und zwanzig, ein und dreyßig. In einem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Ital. Vocabulario heißt es aber auch: ains und zwenzig, ains und dreisig u.s.f. Dieses Neutrum kann auch als ein Hauptwort gebraucht werden, die Zahlfigur der Einheit auszudrucken, die Eins, eine Eins, welches Hauptwort alsdann in allen Endungen unverändert bleibt.

II. In Rücksicht auf die übrigen zugleich vorhandenen Dinge eben derselben Art, da es dem Beyworte ander entgegen gesetzet, und in den meisten Fällen auch mit demselben verbunden wird. Es zeiget alsdann weiter nichts an, als daß aus zwey oder mehrern Dingen Einer Art eines ausgehoben und von demselben etwas gesagt wird, wodurch es sich von den übrigen unterscheidet. Der eine Garten ist groß, der andere klein. Der eine thut dieß, der andere das. Einer will, der andere will nicht. In dem einen Augenblicke behauptet er dieß, in dem andern etwas andres. Einer betriegt den andern. Einer lebt, der andere stirbt. Es hatte jemand zwey Söhne, der eine war munter, der andere faul und träge. S. Ander, wo auch die adverbischen und zum Theil figürlichen R.A. bemerket worden, die mit beyden Beywörtern gemacht werden.

In manchen Fällen, nehmlich im Dative und Accusative, kann die R.A. einer dem andern, einer den andern u.s.f. in Ein Wort zusammen gezogen werden; S. Einander.

Ein ist in dieser Bedeutung ein wahres Beywort, und hat den scharfen Ton, so wie das Zahlwort. Es findet auch Statt, wenn mehr als zwey Dinge angeführet werden. Es waren drey Personen zugegen; die eine war ein Soldat, die andere ein Geistlicher, die dritte ein Edelmann. Da die Zahlwörter hier keine Ordnung, sondern bloß die Individua ohne alle Ordnung bestimmen sollen, so ist es unvillig, wenn einige Sprachlehrer das ein in diesem Falle für eine Ordnungszahl ausgeben. Da es hier nicht leicht mit dem Artikel ein zu verwechseln ist, so ist auch der große Buchstab hier unnöthig.

Die Hochdeutschen kennen das ein in dieser Bedeutung nur im Singular; allein im Oberdeutschen ist es auch im Plural üblich, so wie das Französ. les uns, für einige, im Gegensatze der andern.[1682]

Die einen reden gut, die andern reden schlecht von ihm.


Der einen Wesen ward vom Irdischen befreyt,

Hall.


welches auch Zachariä an einem Orte nachgeahmet hat:


Die einen waffneten geschärfte Bilderscheren,

Die andern wollten sich mit großen Nadeln wehren.


Andere Oberdeutsche haben in dieser Bedeutung das den Hochdeutschen ganz unbekannte einte, so wohl im Singular, als im Plural.


Dar sinen willen ob er wil

Tuont ich eint und anders niht,

Heinr. von Veldig.


Die einten – die andern, Walser. An einten Orten mehr, am andern minder, Bluntschli. S. Entweder.

III. In den beyden vorigen Fällen dienete ein zur genauern Bestimmung des Individui; aber in vielen andern wird es auch gebraucht, wenn das Individuum nicht genau bezeichnet, sondern nur überhaupt das Geschlecht, oder die Art, zu welcher es gehöret, angezeiget werden soll. In dieser Bedeutung wird es in den Sprachlehren der unbestimmte Artikel genannt, in welcher Gestalt es denn, besonders wenn es sein Hauptwort bey sich hat, des Tones beraubt ist, und sehr kurz und geschwinde ausgesprochen wird. Es war einmahl ein Mann, will weiter nichts sagen, als daß das Ding, von welchem etwas erzählet werden soll, zu den menschlichen Geschöpfen männlichen Geschlechtes gehöret habe. An einem Morgen geschahe es, u.s.f. Eine Menge Menschen. Ein Haus von Stein. Eine Krone von Gold. Was ist das für ein Mann? Ingleichen, ohne Hauptwort. Wer gibt mir ein Buch? – Da ist eines. Sahest du nicht einen Vogel? – Ich sahe einen. Wenn du keinen hast, will ich dir einen geben. Ich habe ein Haus gekauft. – Was für eines? Nehmen sie meine Schwachheit nicht übel, wenn es eine ist, Gell. Ist das ein Thaler? – Ja es ist einer.

In einer noch weitern Bedeutung bekommen auch Individua diesen Artikel, wenn sie mehr ihrer Beschaffenheit und ihren Eigenschaften, als ihrer individuellen Art nach bezeichnet werden sollen. Das ist ein schönes Haus. Das war ein feiner Kunstgriff. Er hat einen sehr bösen Vater. Das ist ganz ein anderer Mann. Welch eine Lust! Welch ein Mensch! Welch einen guten Fang hast du gethan!

Besonders mit solch. Ein solcher Vorwurf ist unerträglich. Das hätte ich nicht gedacht, daß er ein solcher Bösewicht seyn würde. In den gemeinen Sprecharten ist für ein solcher, eine solche u.s.f. solch einer, so einer üblich, welches aber in der reinen Hochdeutschen Schreibart eine schlechte Figur macht. So einen Freund, wie der war, bekomme ich nicht wieder. Ich traue ihm so eine Heldenthat nicht zu. So ein Vorwurf, Less. Dächten sie, daß ich zu so einer Boßheit geschickt wäre? Gell. Hingegen gebraucht man im Oberdeutschen ein solches oft, wo nicht die Beschaffenheit einer Sache, sondern bloß ein vorher genanntes Individuum angedeutet werden soll, welches Hochdeutschen Ohren eben so anstößig ist. Es ist auch ein solches mein einiges Verlangen.

Von dieser Eigenschaft des Wörtchens ein, die Beschaffenheit auszudrucken, rühret auch der Gebrauch her, daß man es manchen eigenthümlichen Nahmen vorsetzet, wenn dadurch nicht so wohl die Person selbst, als deren hervor stechende Eigenschaft bezeichnet werden soll. Ein Demosthenes selbst würde ihn nicht überzeugen können, d.i. ein Redner wie Demosthenes. Die Demüthigung des Ottomannischen Reiches war einer Katharina vorbehalten, einer Kaiserinn von so erhabenen Eigenschaften, als Katharina besitzet. Ein David schlägt einen Goliath. Die größten Kenner des menschlichen Herzens, ein Sokrates, ein Plato, ein Seneca haben es gesagt.[1683]

Dahin gehöret auch der im Oberdeutschen und im gemeinen Leben übliche Gebrauch, ganzen Collegiis statt des bestimmten Artikels den unbestimmten vorzusetzen, besonders wenn zugleich eine rühmliche Beschaffenheit derselben ausgedruckt werden soll. Das gehöret für eine hohe Obrigkeit. Ein hochedler Rath hat verordnet u.s.f. Ein hochwürdiges Consistorium. Eine löbliche Universität. Ja auch wohl von einzelnen Personen in dem feyerlichen Kanzelstyle. Ein heiliger David spricht u.s.f.

Ferner ist daraus die im gemeinen Leben übliche Gewohnheit zu erklären, wo ein, wenn es den Zahlwörtern vorgesetzet wird, so viel als ungefähr bedeutet. Wir wollen noch ein acht Tage warten; wo acht Tage durch diesen Artikel zu einer Gattung wird, und dadurch die genaue Bestimmung der Zeit, die es ursprünglich hatte, verlieret. Es kommt auf ein zehen Thaler nicht an. Er muß nun wohl ein neunzehen bis zwanzig Jahr alt seyn. Wärest du doch ein zwey Stunden eher gekommen. Zuweilen wird das Zahlwort hinter das Hauptwort gesetzet, und diesem die Sylbe er angehänget. Ein Tager vier, ungefähr vier Tage. Ein Ellener drey. Ein Meilener acht. Wo die Sylbe er das verkürzte oder zu seyn scheinet, weil man auch statt dessen saget, eine Meile oder acht, eine Elle oder drey. Doch diese ganze Form gehöret, wie schon gedacht worden, in die gemeinen Sprecharten.

Wenn der unbestimmte Artikel eine Präposition vor sich hat, welche die dritte Endung erfordert, so kann der Artikel oft an die Präposition, zuweilen aber auch an das Beywort angehänget werden. In der vertraulichen Sprechart lässet sich dieses so oft anbringen, als der Wohlklang es erlaubet; ja es gibt Fälle, wo diese Zusammenziehung auch in der ernsthaften und höhern Schreibart nothwendig wird, wenn die Rede nicht schleppend und langweilig werden soll. Das dienet zum Beweise, für: zu einem Beweise. Er steckt in großer Noth, für: in einer großen Noth. Sich zum Lehrer aufwerfen. Die Grammatik zur Wissenschaft machen. In andern Fällen gewinnet die Kürze, wenn dieser Artikel völlig weggelassen wird, welches besonders bey solchen Hauptwörtern geschehen kann, welche nicht allein Individua bezeichnen, sondern auch schon an und für sich ein Geschlecht oder eine Gattung ausdrucken. Da ich noch Jungfer war, Gell. Sie ist schon Frau. In Gedanken ist sie schon gnädige Frau. Ja bey solchen Wörtern, welche schon ursprünglich etwas Allgemeines, oder eine ganze Gattung bedeuten, würde es ein Fehler seyn, ihnen vermittelst des unbestimmten Artikels erst eine Eigenschaft ertheilen zu wollen, die sie schon an und für sich haben, und die sie nicht anders verlieren können, als bis sie durch den bestimmten Artikel der zu Individuis gemacht werden. Gib mir Brot, d.i. dasjenige Nahrungsmittel, welches man Brot nennet. Hast du Geld? Ich habe Wein. Es wird Winter. Fleiß anwenden. Wird aber ein Beywort beygefüget, die nähere Beschaffenheit dieser Dinge zu bezeichnen, so kann auch der Artikel Statt finden, oft aber auch wegbleiben. Das ist schönes Brot, oder ein schönes Brot. Wir haben einen harten Winter. Das ist ein guter alter Wein, oder das ist guter alter Wein.

Die Oberdeutschen pflegen auch diesen Hauptwörtern den unbestimmten Artikel vorzusetzen, sprechen ihn aber alsdann überaus kurz, vor einem Consonanten fast wie a oder ä, vor einem Vocale aber wie an, än, oder n aus. Sie haben noch ä Wein. Hast du noch ä Bier. Da ist ä Geld. Ich habe an Essig, oder ich habe'n Essig. Es ist sehr wahrscheinlich, daß manche Wörter auf diese Art vorn mit einem A oder N vermehret worden, die diese Buchstaben ursprünglich nicht gehabt, wenn sie[1684] nehmlich von andern Mundarten angenommen worden, welche diesen verkürzten Artikel für einen wesentlichen Theil des Hauptwortes gehalten. So bedeuten Bohrer, verkürzet Bor, Bahr, Äber und Näber in verschiedenen Mundarten einen Bohrer. Asch, ein Gefäß, lautet in andern Mundarten Nasch, Ast, Nast, Atter, Natter, Narb, Arb u.s.f. S. A, Ameis und N.

Bey dem bestimmten Artikel Der ist bereits angezeiget worden, worin derselbe hauptsächlich von dem unbestimmten Artikel ein unterschieden ist, welches man mit demjenigen, was hier bemerket worden, vergleichen muß.

IV. Wenn dieser Artikel ohne Hauptwort stehet, sich auch auf kein kurz vorher gegangenes Hauptwort beziehet, sondern überhaupt zur Bezeichnung einer gewissen unbestimmten Person gebraucht wird, so nimmt er die Gestalt eines Pronomens an, und stehet alsdann für jemand, oder man, besonders in den Casibus obliquis, wo man nicht gebraucht werden kann. Allein dieses ganze Pronomen ist nur den gemeinen Mundarten, vornehmlich der Niedersachsen eigen, obgleich die Franzosen ihr on, die Engländer ihr one, und die Schweden ihr en auf eben dieselbe Art gebrauchen.


Ich weiß wohl, daß man glaubt, daß einer gerne thu,

Das was er gerne sagt,

Logau.


Was einer nicht gelernet hat, das verstehet er auch nicht. Es möchte einer sagen. Unter eines Bothmäßigkeit stehen. Unter einem stehen. Es stoßen einem tausend Leute dieser Art auf. Ich weiß schon wie sie sind, sie wollen einem stets Muth einsprechen, Gell. Wie viel Sorgen und Noth macht einem nicht die Welt! ebend. Ach, die Haussorgen nehmen einen so sehr mit, ebend. Zuweilen stehet auch das Neutrum eines oder eins für eine Person oder jemand. Sobald sich eins im Hause klaget, so verbiethe ich ihm das Essen, Gell.

Dahin gehöret auch das im gemeinen Leben so übliche unser einer, d.i. jemand von meinem oder von unserm Stande, oder wohl gar ich selbst, wir selbst. Ging der Herr wie unser einer? Weiße. Wenn das unser einer auch hätte, ebend. Meinen sie denn nicht, daß unser einer auch sein Abenteuer hat? Aber gleich wohl ist unser einer auch kein Katzenkopf, Less.


Und unser einer macht dabey gar schlechte Sprünge,

Rost.


Das einer behält hier sein männliches Geschlecht, wenn gleich die Person, die es gebraucht, und von sich verstanden wissen will, weiblichen Geschlechtes ist. Sonst ist auch das Neutrum für alle Geschlechter üblich.


Der unser eins nie angeblickt,

Weiße.


Es gibt Sprachlehrer, welche dieses Fürwort vertheidigen; allein es würde dessen ungeachtet ein Flecken in der edlen Schreibart der Hochdeutschen seyn, wenn gleich die vertrauliche Sprechart es duldet, in welche auch die oben angeführten Beyspiele gehören. Im Oberdeutschen gebraucht man auch den Plural eine, für einige, den aber die Hochdeutschen gleichfalls nicht kennen.

Anm. 1. Das Zahlwort Ein ist demjenigen entgegen gesetzet, was mehr ist als eins, das Beywort dem ander, der Artikel und das Fürwort aber dem kein. Der Artikel ist eigentlich eine figürliche Bedeutung des Zahlwortes, wodurch Ein Individuum aus der Menge heraus gehoben, und zum Repräsentanten der ganzen Gattung gemacht wird. Beyde grenzen daher so nahe an einander, daß es Ausdrücke gibt, wo man ungewiß bleibt, ob das ein zu dem Zahlworte oder zu dem Artikel gehöret.

Anm. 2. Man wird wenig Mühe haben, den Artikel, besonders aber das Zahlwort ein in allen Europäischen Mundarten wieder zu finden. Bey dem Ulphilas lautet es ains, aina, ain,[1685] bey dem Kero ein, einaz, im Angels. an, aenc, im Engl. one, im Holländ. Dän. und Nieders. een, im Schwed. en, im Isl. eirn, im Griech. ἑις, ἑν und ἑνιοι, einige, im Latein. unus, im Franz. un und on. Dem Hebr. Echat kommt das Indische und Persische ik und vielleicht auch das Wendische edek näher. Im Pohln. heißt ein jeden, in Neu-Guinea und den Inseln der Südsee aber Tacü, Taci, Tika, Kaou. S. auch Kein und Allein.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1680-1686.
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