Ekel, der

[1782] Der Êkel, des -s, plur. car. 1) Eigentlich, diejenige unangenehme Empfindung, welche vorher gehet, wenn man sich übergeben will; die Übelkeit. Einen Ekel bekommen. Der Ekel ist wieder vergangen. Jemanden einen Ekel verursachen, eine Neigung zum Erbrechen bey ihm erregen. Noch mehr aber, 2) in weiterer Bedeutung, ein sinnlicher Abscheu gegen solche Gegenstände, welche durch den Geschmack und Geruch empfunden werden, weil sie ein Erbrechen, folglich auch einen Ekel in der eigentlichsten Bedeutung, erregen können. Einen Ekel vor gewissen Arten von Speisen haben. Einen Ekel vor etwas bekommen. Dieser Ekel entstehet nicht nur von gewissen dem Geschmacke und Geruche widerwärtigen Dingen, sondern auch von einem Übermaße der Sättigung, weil man sich auch bis zum Ekel satt essen kann, so daß man vor allen Arten von Speisen einen Ekel empfindet. Vermöge einer sehr gewöhnlichen Verbindung der Begriffe können auch Gegenstände, die durch das Gesicht, durch das Gefühl und durch das Gehör empfunden werden, einen Ekel erwecken. Körper, welche widerwärtig weich anzufühlen sind, häßliche, scheusliche Gegenstände für das Gesicht, öftere Mißtöne und lauter Consonanzen können figürlich gleichfalls einen Ekel erwecken; obgleich in Ansehung des Gehöres die Figur ein wenig hart zu seyn scheinet. Bis zum Eckel häßlich seyn. Jemanden mit Ekel ansehen. In allen diesen Fällen druckt Ekel den hohen Grad eines sinnlichen Abscheues aus. Nach einer noch weitern Figur, gebraucht man dieses Wort, 3) auch von einem hohen Grade des geistigen Abscheues, des Unwillens, Widerwillens. Und meine Seele wird an euch Ekel haben, 3 Mos. 26, 30. Daß ihre Seele an meinen Satzungen Ekel gehabt hat, V. 43. Darum hatte er einen Ekel wider Israel, 1 Kön. 11, 25. Doch ist die Wortfügung mit den Vorwörtern an und wider im Hochdeutschen ungewöhnlich. 4) Ein Gegenstand, welcher sinnlichen, noch mehr aber geistigen Ekel erwecket. Dein Betragen, deine Aufführung ist mir ein Ekel.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Ekern, bey dem Pictorius Erkung, der auch das Beywort erklich, für ekelig, und das[1782] Zeitwort erkeln, für Ekel erwecken, hat. Die Neigung zum Erbrechen ist wohl die erste Bedeutung dieses Wortes, und da kann es füglich als eine Onomatopöie angesehen werden. Doch lässet es sich auch zu der zahlreichen Familie des Wortes Eg, Eck, rechnen, da es denn die stechende oder drückende Empfindung ausdrucken würde, welche man bey dem Ekel in dem Magen empfindet, S. Ekeln und Jucken. Die Ensylbe -el ist bloß die Ableitungssylbe. In der heutigen Bedeutung kommt es bey den alten Schriftstellern nicht vor, indem diese Mazleidi, von Mazze, Speise, Unwille u.s.f. für Ekel, und maßleidig, unwillig, für Ekel empfindend gebrauchen. Dagegen findet sich von des Kero Zeiten an Ege, Ekiso, Egiso, sehr häufig für Schrecken, egan, für schrecken, drohen, egebare, ekislih, für fürchterlich, schrecklich. Ob auch das Hebr. בחל und געל, ekeln, und געל, der Ekel, hierher gehöret, mögen andere entscheiden. Ist Ekel eine Nachahmung des mit der Neigung zum Erbrechen verbundenen Schalles, so sind sie gewiß verwandt. Was die Rechtschreibung dieses Wortes betrifft, so lautet das erste E im Hochdeutschen durchgängig wie ein gedehntes Ä. Es ist also unrichtig, wenn man es, wie häufig geschiehet, Eckel schreibet; dieses würde ein geschärftes E voraus setzen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1782-1783.
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