Flechten

[191] Flêchten, verb. irreg. ich flechte, du flichst, er flicht, wir flechten u.s.f. Imperf. ich flocht; Conjunct. ich flöchte; Mittelw. geflochten; welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. * Als ein Neutrum, den Ort schnell verändern, sich ausbreiten; in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung es noch im Niedersächsischen üblich ist, wo flechten gehen auch davon gehen, entfliehen bedeutet. Fortflechten ist noch in einigen Oberdeutschen Gegenden um sich greifen, anstecken, von Krankheiten. S. Flechte 1.

II. Als ein Activum, zwey oder mehr biegsame Dinge in einander schlingen. 1) Eigentlich. Die Haare flechten. Ein seidenes Band in die Haare flechten. Weidene Ruthen zusammen flechten. Die Reben um die Bäume flechten. Einen Missethäter auf das Rath flechten. Ingleichen auf solche Art hervor bringen. Kränze flechten. Einen Korb, einen Zaun flechten. Decken aus Bast flechten. Geflochtene Körbe. Einen Zopf flechten. 2) Figürlich. Sich in fremde Händel flechten, mischen, mengen. Kein Kriegsmann flichtet (flicht) sich in Händel der Nahrung, Tim. 2, 4. So sie entflohen sind dem Unflath der Welt – werden aber wiederum in dieselbigen geflochten, 2 Petr. 2, 20.

Anm. Dieses Zeitwort lautet in der thätigen Bedeutung im Nieders. flechten, bey dem Ottfried flehtan, im Dän. flette, im Schwed. fleta, im Wallis. plega, im Lat. plectere und plicare, im Griech. πλεκειν. In noch weiterm Verstande ist fleckta im Schwedischen hin und her bewegen; woraus zugleich erhellet, daß dieses Wort zu fliehen, flattern, flackern, flehen, fliegen, kurz zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter gehöret, welche eine Bewegung bezeichnen, deren besondere Art durch die jedesmahligen Endsylben bezeichnet wird. Das Franz. plier, biegen, gehöret gleichfalls hierher. Die zweyte und dritte Person des Präsentis sollte freylich du flichtest, er flichtet heißen; allein der Wohlklang stößt das te gern aus, du flichst, er flicht, welches auch den Zeitwörtern däuchten, fechten u.s.f. widerfähret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 191.
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