Gränze, die

[777] Die Gränze, plur. die -n. 1. Überhaupt, das Letzte an einem Dinge, dasjenige, wo ein Ding aufhöret, in welchem weitesten Verstande es im Plural am häufigsten ist; die Schranken. So sind in der Naturlehre und Geometrie die Gränzen einer Figur oder eines Körpers diejenigen Puncte, wo sie aufhören. Gott hat dem Meere Gränzen gesetzet, welche es nicht überschreiten kann. Auch figürlich, der Grad, bis zu welchem sich eine Veränderung erstrecket oder erstrecken soll. Ein Ehrgeitz ohne Gränzen. Die Gränzen seiner Gewalt überschreiten. So bald der Gram die von Gott gesetzten Gränzen überschreitet, so bald höret er auf Trauer zu seyn. Seinen Begierden Gränzen setzen. Sich in den Gränzen seiner Pflicht halten. Ich halte mich in meinen Gränzen. Das Vergnügen hat auch seine Gränzen. 2. In engerer Bedeutung, das Ende eines Gebiethes, dasjenige, wo ein Gebieth aufhöret; wo es so wohl im Singular als im Plural gebraucht wird. 1) Eigentlich. So weit gehet die Gränze meines Hauses, meines Feldes. Das ist die Gränze des Dorfes. Die Gränze eines Landes. Jemanden über die Gränze oder über die Gränzen bringen. Die Gränze oder die Gränzen bezeichnen, bemerken. Die Gränzen beziehen, d.i. feyerlich besichtigen. Die Gränzen Deutschlandes. 2) Figürlich. (a) Ein sichtbares Zeichen der Gränze, ein Zeichen, wodurch Landschaften und liegende Gründe von einander abgesondert worden, sie mögen nun natürliche oder künstliche seyn. Der Rhein war ehedem die Gränze von Deutschland gegen Abend, oder dienete Deutschland zur Gränze, machte die Gränze von Deutschland. Gränzen setzen, Gränzsteine oder ähnliche Zeichen. Die Gränzen verrücken. Die Gränzen erweitern, diese Zeichen weiter hinaus setzen. (b) Das innerhalb der Gränzen gelegene Land, im Plural, nach dem Muster des Latein. Fines; eine doch größten Theils veraltete Bedeutung. Und sie suchten eine schöne Dirn in allen Gränzen Israel, 1 Kön. 1, 2.

Anm. Im Oberd. Granitz, Gränitz, im Nieders. Grensinge, im Dän. Grändse, im Schwed. Gräns, im mittlern Lat. Granicies, Grenicia, im Pohln. Granica, im Böhm. Hranice. Es stammet ohne Zweifel entweder von dem noch im Isländ. üblichen Zeitworte greina, absondern, theilen, Griech. κρινειν, Grein, die Absonderung, her, S. 2 Grand, oder vermittelst des vorgesetzten Gaumenlautes unmittelbar von Rain, Rand, S. diese Wörter. Wegen der Ungewißheit der Abstammung läßt sich daher auch die Schreibart Grenze vertheidigen. Die Länder Krain und Ukräne haben von diesem sehr alten Worte ihren Nahmen. Übrigens haben die Gränzen der Länder und liegenden[777] Gründe in verschiedenen Gegenden noch besondere Nahmen. Dahin gehören, der Rain, Ort, die Mark, bey dem Notker Gemerch, das Oberschwäbische Etter, die Gränze einer Flur, die Oberdeutschen Leise, Leiste, Loch, Letze, Stoß, die Nieders. Snaat, Schnait, Snede, Swette, das Österreichische Metze, bey dem Ottfried Mez, das Liefländische Peene, welches zu dem Latein. Finis gehöret, u.a.m.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 777-778.
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