Handel, der

[946] Der Handel, des -s, plur. die Händel, von dem Zeitworte handeln. 1. Eine jede thätige äußere Veränderung, Nahrung und Zeitliches Vermögen zu erwerben; ohne Plural. In dieser weitern Bedeutung scheinet es als ein Collectivum in dem Ausdrucke Handel und Wandel vorzukommen, worunter man ein jedes Gewerbe zu verstehen pfleget. Sie merket, wie ihr Handel Frommen bringet, Sprichw. 31, 18. In Nürnberg führet die Innung der Bierbrauer noch den Nahmen des Handels. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, die Verwechselung seines Eigenthumes des Gewinnes wegen. So wohl, 1) von einzelnen Fällen dieser Art. Einen Handel schließen. Einen Handel treffen. Wenn jemand mit einem andern einen Tausch oder Verkauf zu verabreden sucht, so saget so wohl der Verkäufer als der Käufer, sie stehen mit einander im Handel, und wenn die Sache beschlossen worden, sie haben einen Handel geschlossen, getroffen oder gemacht. Der Handel ist zurück gegangen, oder rückgängig geworden. Jemanden den Handel aufsagen, aufkündigen; welches auch in weiterer Bedeutung gebraucht wird, sein Versprechen zurück nehmen, alle Gemeinschaft mit ihm aufheben. Sie haben ihm ja den ganzen Handel aufgesagt. Eh ich dem Laster schon den Handel aufgesagt, Haged. Einem andern in den Handel fallen, ihm seinen Handel verderben. Da der Plural dieser individuellen Bedeutung ungeachtet nicht üblich ist, so druckt man denselben durch doppelten, dreyfachen Handel u.s.f. durch Arten des Handels oder vermittelst anderer Ausdrücke aus. 2) Beynahe[946] nahe noch häufiger wird es, so wie das Wort Handlung, als ein Collectivum gebraucht, mehrere Geschäfte dieser Art, so wohl bey einzelnen Personen, wenn eine solche Verwechselung der Waaren bey ihnen ein Gewerbe ist, als auch in Rücksicht ganzer Orte, Provinzen, u.s.f. auszudrucken; die Kaufhandel. Handel treiben. Mit etwas Handel treiben. Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren, und trieben ihren Handel in großen Wassern, Ps. 107, 23. Hollands Handel ist seit einiger Zeit gar sehr gefallen. Frankreich sucht dem Handel in seinen Staaten wieder aufzuhelfen. Der Handel mit Wechselbriefen. In einigen Zusammensetzungen wird es auch von der Handlungswissenschaft gebraucht. Den Glashandel, den Tuchhandel, den Eisenhandel, den Spezereyhandel lernen. S. Handlung. Der in dieser ganzen Bedeutung ungewöhnliche Plural kommt noch Ezech. 27, 9 vor. Alle Schiffe im Meer und Schiffleute fand man bey dir (in Tyrus) die hatten ihre Händel in dir.

2. Eine Schlägerey, eine Handlung, wo zwey oder mehrere mit einander handgemein werden; wo es nur im Plural gebraucht wird. Händel mit jemanden bekommen. Händel anfangen. Daraus werden Händel entstehen. Händel suchen. In weiterer Bedeutung, ein jeder Streit, Zank oder Zwist; gleichfalls am häufigsten im Plural. Händel mit jemanden haben, bekommen. Sich Händel zuziehen. Einem Händel machen, ihm Zwist mit andern erwecken. Ich will ihm nachgehen, er möchte sonst gar zu große Händel anrichten, Gell. Besonders, ein Streit vor Gericht, ein Prozeß, wo es auch im Singular üblich ist; ein Rechtshandel. Wenn jemand einen Handel hatte, daß er zum König vor Gericht, kommen sollte, 2 Sam. 15, 2. Einen Handel beylegen, ausmachen, schlichten, entscheiden. Sich aus einem Handel ziehen. S. Handel.

3. In der weitesten Bedeutung, eine jede Begebenheit, eine jede Reihe zusammen gehöriger Veränderungen; doch am häufigsten nur noch im nachtheiligen oder verächtlichen Verstande. Daß David gethan hatte, das dem Herren wohl gefiel – ohne in dem Handel mit Uria, 1 Kön. 15, 5. Ein toller, ein verwirrter Handel. Verwirrte Händel wieder in das Reine bringen. Allerley böse Händel anfangen. Man hat mir den ganzen Handel erzählet. Bav ist es, der den ganzen Handel angesponnen hat. Sich in fremde Händel mischen. Du hast mir den ganzen Handel verderbt. Lose Händel, schlimme Händel, Diebshändel. Das ist ein anderer Handel, eine andere Sache. Von guten oder doch gleichgültigen Begebenheiten ist es im Hochdeutschen nur im gemeinen Leben üblich; daher man für Reichshändel, Staatshändel, lieber Reichsgeschäfte oder Reichshandlungen, Staatsgeschäfte, Staatssachen u.s. f; ob es gleich in der Deutschen Bibel noch für eine jede Angelegenheit und Handlung, auch im guten Verstande vorkommt. David setzte sie über die Rubeniter – zu allen Händeln Gottes und des Königes, 1 Chron. 27, 32. Die Priester und Leviten sind willig und weise zu allen Ämtern, dazu die Fürsten, und alles Volk zu allen deinen Händeln, Kap. 29, 21. Das Werk lobet den Meister und einen weisen Fürsten seine Händel, Sir. 9, 24.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 946-947.
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