Hundert

[1320] Hundert, eine Grundzahl, welche zehen Mahl zehen Einheiten ausdrucket, und als ein unabänderliches Beywort unverändert bleibet, es mag sein Hauptwort bey sich haben, oder nicht. Hundert Thaler. Hundert Mann. Vor hundert Jahren. Von den hundert Ellen ist nichts mehr übrig. Da sind sie alle hundert. Es waren ihrer noch nicht hundert. Hundert und eins, hundert und zwei u.s.f. Zweyhundert, dreyhundert, u.s.f. bis zehenhundert, (richtiger getheilt zwey hundert, u.s.f.) wofür man lieber tausend sagt, ob gleich eilf hundert, zwölf hundert, dreyzehn hundert, achtzehn hundert u.s.f. um der Kürze willen oft für tausend und ein hundert, tausend und zwey hundert u.s.f. üblich sind. Oft stehet es auch als eine runde Zahl, für sehr oft, oder sehr viel. Ich habe es schon hundert Mahl gesagt. Er hat wohl hundert Fehler. Im gemeinen Leben gebraucht man hundert häufig für Ein hundert, welches Ein aber in Geldverschreibungen, Quittungen u.s.f. nicht weggelassen werden darf. Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno hunterit im Dän. hundred, im Schwed. hundrade, im Isländ. hundrud, im Engl. hundred. In ältern Sprachen fehlet die letzte Hälfte dieses Wortes, wie in dem chunna in dem Salischen Gesetze, dem hund in dem Tatian, dem Goth. hund, hunda, dem Angels. hund, dem Wallis. cant, und Albanischen kinnt, womit auch das Lat. centum überein kommt, welches einige von κεντειν ableiten, weil man nach jedem Hundert ehedem einen Punct zu machen pflegte. Im Pohln. heißt hundert sto, und im Wendischen stu. Die letzte Sylbe ert, welche durch Versetzung aus red, rath, entstanden ist, bedeutet nach dem Wachter so viel als eine Zahl, nach Ihre aber richtiger einen Strich, weil man ehedem vermittelst der Linien zu zählen und zu rechnen pflegte, (S. Reiten,) daher es auch im Schwedischen den Zehnern für unser Deutsches zig beygefüget wurde, attraed, achtzig, niraed, neunzig. In den ältesten Sprachen bedeutet hund nur zehen. Tachund tachund ist bey dem Ulphilas, und im Angels. hund teontig, zehen Mahl zehen, in der letztern Sprache hundseosontig, siebzig, welches mit der Griech. Endung κσντ, und der Lat. gint, in τριακοντα, triginta u.s.f. überein kommt. In den ältesten Oberdeutschen Denkmählern findet man daher auch für hundert, zehenzig, in dem Isidor zehanzo, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen zehenzig. Zuirenzehenzog ist bey dem Willeram, und zuiro zehanzug bey dem Ottfried zwey hundert, und zenstunt zenzech iaro zehn Mahl zehn hundert, d.i. tausend, Jahre. Übrigens lässet sich diese Grundzahl mit sehr vielen Beywörtern zusammen setzen, eine Menge von hundert Einheiten derselben zu bezeichnen; der hundertäugige[1320] Argus, hundertblätterig, hundertköpfig, das hundertzüngige Gerücht, hundertpfündig u.s.f. welche nicht besonders angeführet zu werden verdienen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1320-1321.
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