Kämmerer, der

[1484] Der Kämmerer, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte einer Kammer, daher es beynahe in eben so vielfacher Bedeutung üblich ist, in welcher dieses vorkommt. 1) So fern Kammer ehedem überhaupt ein zu gewissen Absichten und Anstalten bestimmtes Zimmer bedeutete, ist der Kämmerer in vielen Fällen der Vorgesetzte desselben. So ist der Kunstkämmerer, z.B. an dem churfürstlichen Hofe zu Dresden, derjenige, welcher über die Kunstkammer, der Silberkämmerer, welcher über die Silberkammer, der Lichtkämmerer, welcher über die Lichtkammer gesetzt ist. 2) So fern man unter der Kammer die fürstlichen Wohnzimmer verstehet, ist der Kämmerer einer der ersten Hofbedienten, welcher gemeiniglich unmittelbar auf den Ober-Kammerherren folgt, allen Kammerherren vorgehet, die fürstlichen Zimmer und alle zur Bedienung des Herren in seinen Zimmern, oder zur so genannten Kammer, nebst der der gottesdienstlichen Capelle, den Leib-Medicis, Leib-Chirurgis u.s.f. unter seiner Aufsicht hat. An dem königl. Pohln. und Chursächs. Hofe war es ehedem der Graf von Brühl. Seine Expedition heißt die Ober-Kämmerey-Expedition, bey welcher sich Ober-Kämmerey-Secretarien, Schreiber u.s.f. befinden, um sie von Kämmereyen geringerer Art zu unterscheiden. Von noch höherer Art ist die Würde der Erzkämmerers des Reiches, welche auf der Mark Brandenburg haftet, und von dem Erbkämmerer in besondern Fällen vertreten wird. 3) Ehedem wurden auch die obersten Vorgesetzten der landesherrlichen Einkünfte Kämmerer, im mittlern Lat. Camerarii, zu den Zeiten der Schwäbischen Kaiser Kamerer und Chamerer genannt, in welcher Bedeutung es auch noch in einigen Stellen der Deutschen Bibel vorzukommen scheinet. Heut zu Tage werden sie an fürstlichen Höfen gemeiniglich Finanz-Räthe, Kammerräthe u.s.f. genannt, und der Nahme Kämmerer ist nur manchen Stiftern, Städten und andern Gemeinheiten verblieben, welche ihre Einkünfte noch durch Kämmerer verwalten lassen. S. Kämmerey. 4) Auch in der Bedeutung eines Gerichts-Directoris oder Gerichts-Präsidenten kommt es noch hin und wieder vor, besonders in Niedersachsen, wo es doch nur einen Vorgesetzten eines Untergerichtes bedeutet. In Bremen ist der Kämmerer oder Kamener die vorsitzende Person in dem Kämmereygerichte oder der Kammer, welche über Ehe- und Injurien-Sachen richtet. In Schleßwig haben einige Kirchspiele ihr eigenes Kirchspielsgericht, welches mit einem Kämmerer und verschiedenen Richtern oder Beysitzern besetzt ist. In den Städten gibt es daselbst gleichfalls Kämmereygerichte, welche aus dem Stadtvogte, den Kämmerern und Stadt-Secretarien bestehen, und gleichfalls nur in Injurien- und andern geringen Sachen erkennen.

Anm. In dem weiblichen Geschlechte, wenn die Gattinn eines Kämmerers bezeichnet werden soll, lautet es nur Kämmerinn, wo die eine Sylbe er um des Wohllautes willen verbissen wird, S. -Inn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1484.
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