Klaue, die

[1609] Die Klaue, plur. die -n, ein Wort, in welchem sich zwey verschiedene, aber doch verwandte Begriffe mit einander vereinigen.

1) Des Spaltens, so wohl eine Spalte, als auch ein gespaltenes Ding zu bezeichnen. Im Nieders. ist Klöve und Klove eine Spalte, (im Oberdeutschen Klinse) und Klave ein gespaltenes Ding, z.B. ein Scheit Holz, eine Art Semmeln in Gestalt eines halben Mondes, welche mit einem Einschnitte versehen sind. Im Hochdeutschen ist die Klaue an den Pumpen ein halb gespaltenes Stück Eichenholz oder Eisen, welches den Schwengel trägt. Besonders bezeichnet man damit den gespaltenen Huf mancher Thiere, z.B. des Hornviehes, der Schafe, der Schweine u.s.f. wo denn auch die Spalte selbst diesen Nahmen führet. Der hornige Theil an den Klauen wird die Schale oft aber gleichfalls die Klaue genannt. Die Elendsklaue, Schafklaue u.s.f. Figürlich ist die Klaue zuweilen ein mit solchen Klauen versehenes Thier. Unser Vieh soll mit uns gehen und nicht eine Klaue dahinten bleiben, 2 Mos. 10, 26.[1609] S. Klauensteuer. S. Klobe, Kluft, welche in andern Fällen dafür üblich sind.

2) Des Greifens, Fassens und des damit verbundenen Begriffes eines Hakens. In diesem Verstande führen überhaupt die Finger an den Händen, und die Zehen an den Füßen der Thiere, so fern sie zum Fassen oder Angreifen dienen, besonders wenn sie mit krummen hornartigen Auswüchsen versehen sind, den Nahmen der Klauen. Von Menschen gebraucht man es für Hände oder Finger nur im harten und verächtlichen Verstande. Etwas in seine Klauen bekommen. Diebsklauen haben. Von Thieren ist es besonders von den hornigen krummen Auswüchsen an den Zehen der Thiere und Vögel, und in weiterer Bedeutung von den Zehen und dem ganzen Untertheile der Füße selbst üblich. Seine Klauen einschlagen, wie Raubvögel und Raubthiere zu thun gewohnt sind. Mit den Klauen ergreifen, halten. Bey kleinern Vögeln und Thieren ist dafür auch das Wort Kralle üblich. In weiterer Bedeutung wird auch wohl der Huf eines Pferdes oder Esels eine Klaue oder ungespaltene Klaue genannt, weil sie damit im Gehen auf dem Boden gleichsam eingreifen.

In der zweyten Hauptbedeutung bey dem Notker Chiauuo, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Clawi, im Oberdeutschen Klaa, im Nieders. Klaue, im Engl. Claw, im Dän. Kloe, Klov, im Schwed. Klo, Klöf, im Isländ. Klö, im Angels. Clawn. S. Klieben. Im Nieders. ist Kluve auch eine Hand voll. In der Bedeutung der Finger der Hand gehöret auch das alte Laf, die Hand, hierher, S. Glauben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1609-1610.
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