Liebe, die

[2057] Die Liebe, plur. car. das Abstractum des Bey- und Nebenwortes lieb, welches nur allein in dessen thätigen Bedeutung üblich ist. 1) In der weitesten Bedeutung, der Gemüthsstand, da man sich an dem Genusse oder Besitze einer Sache vergnüget. Die Liebe zum Weine, zum Gelde, zur Wahrheit, zur Freyheit u.s.f. Lust und Liebe zu einem Dinge u.s.f. 2) In etwas engerer Bedeutung ist es der Gemüthsstand, da man sich an jemandes Wolfahrt vergnüget und selbige auf das möglichste zu befördern sucht. Eine reine, unschuldige Liebe. Die unerlaubte, eigennützige Liebe. Die blinde Liebe, welche bloß aus einem natürlichen Triebe entstehet, oder doch die Neigung nicht nach den Graden der Beschaffenheit des Gegenstandes abmisset. Die eheliche Liebe. Die Liebe Gottes, so wohl, welche Gott gegen seine Geschöpfe heget, als auch die Liebe der Menschen gegen Gott, oder die Fertigkeit sich an Gott über alles zu belustigen, wodurch oft alle Pflichten gegen Gott ausgedruckt werden. Liebe zu jemanden tragen, gegen ihn hegen. Seine Liebe auf etwas werfen. Jemandes Liebe erwecken, ihn zur Liebe reitzen. Jemanden viele Liebe beweisen, ihm viele Proben seiner Liebe geben. Thun sie mir die Liebe und[2057] sagen es nicht. Etwas aus Liebe thun, im Gegensatze dessen, was aus Zwang geschiehet. Thun sie es mir zu Liebe, aus Liebe zu mir. Werden sie mir zur (zu) Liebe munter, Gell. 3) In der engsten Bedeutung ist es die Leidenschaft, oder das zu einer Fertigkeit gewordene Verlangen nach dem Besitze oder Genusse einer Person andern Geschlechtes, da sie denn so wohl rechtmäßig und geordnet, als unrechtmäßig und ungeordnet seyn kann. Liebe gegen eine Person empfinden. Die Liebe erlischt, so bald man aufhört zu hoffen und zu fürchten.

Anm. Daß es auf den Kanzeln noch zuweilen im Concreto gebraucht werde, geliebte Personen zu bezeichnen, ist schon bey dem Worte Liebden bemerket worden. Es lautet bey dem Ottfried Liabe, bey der Winsbeckinn Lieb, im Nieders. Leeve und Leefte, im Angels. Leof, Lynisse, im Engl. Love. S. Lieben. Es kommt indessen in den ältern und mittlern Zeiten nicht so häufig vor, als das gleichbedeutende, jetzt aber veraltete Minne. S. dasselbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2057-2058.
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