Los, das

[2100] Das Los, des -es, plur. die -e. 1. Ein Stab, Zettel, oder jedes körperliches Ding, vermittelst dessen von dem Ungefähre bestimmten Veränderung Dinge ausgetheilet, und ungewisse oder streitige Sachen entschieden werden. Das Los über etwas werfen, wo das Hauptwort so wohl kleine Stäbe, die ältesten Werkzeuge dieser Art, als auch Würfel bedeuten kann. Ein Los in der Lotterie, das Lotterie-Los. Ein Los nehmen. kaufen. Mein Los hat gewonnen. 2. Der auf solche Art durch das Ungefähr bestimmte Antheil. 1) Eigentlich, wo es doch in Lotterien und ähnlichen Glücksspielen nicht, wohl aber in andern Arten zu losen üblich ist. Wenn Waaren, Beute u.s.f. durch das Los ausgetheilet werden sollen, so werden die Theile, welche durch das Ungefähr ihren Herren bekommen sollen, Lose genannt. 2) Figürlich, besonders in der höhern Schreibart, das Eigenthum einer Sache, jedes Schicksal, so fern man dasselbe nicht unmittelbar sich selbst zu verdanken hat; ohne Plural. Das glücklichste Los des Reichthums, der Hoheit und Ehre ist unbeständig, Gell. Selbstbetrug und Thorheit sind der Menschen Los, Zimmermann. Kümmerniß und Qual ist das gewöhnliche Los der Menschen.


Der Weise hat ein Los das seinen Werth entscheidet,

Verdienste, wo er gilt und Unschuld, wo er leidet,

Hag.


3. Die Wahl oder Entscheidung einer Sache durch das Ungefähr; ohne Plural. 1) Eigentlich. Etwas dem Lose überlassen, es durch das Los entscheiden. Das Loos stillet den Hader, Sprichw. 18, 18. 2) Figürlich, das Schicksal, das Ungefähr, in der höhern Schreibart. Wenn das Los der Sterblichkeit diese Bitte nicht fruchtlos mache.

Anm. Bey dem Ottfried so wohl ther Loz, als auch thie Loza, im Tatian Lozze, im Pohln. und Böhm. Los. Die meisten andern Sprachen und Mundarten haben statt des Zischlautes das verwandte t, bey dem Ulphilas Hlauts, Niedersächs. Laut, Lott, Angels. Hlot, Hlyt, Engl. Lot, Dän. Lodt, Schwed. Lott, Isländ. Lut, Hlut, Ital. Lotto, Franz. Lot, im Bretagnischen Laut, Laot. Der Begriff des Zufalles oder Zufallens scheinet in diesem Worte der herrschende zu seyn, so daß es zu denjenigen Wörtern gehören würde, welche eine geschwinde Bewegung bezeichnen, dergleichen plötzlich, Fleiß, leicht, flattern u.s.f. Im Schwed. ist ljuta so wohl bekommen, als auch geschehen, sich zutragen, welches aber von Lut, Lott, das Los, abgeleitet wird. Da indessen die Stäbe die ältesten Werkzeuge des Losens waren, und auch das besonders im Niederdeutschen übliche Kabel, das Los, allem Ansehen nach von Kafel, ein Stab, abstammet, so stehet es dahin, ob unser Los nicht auf ähnliche Art von Leiste, Latte, Lode u.s.f. welche insgesammt einen langen dünnen Körper bedeuten, entstanden seyn könne. S. Losen. Erst in den neuern Zeiten hat man angefangen dieses Wort Loos zu schreiben, um es von dem folgenden Beyworte los zu unterscheiden. Allein diese Art des Unterschiedes ist schon längst für unnütz und thöricht erkläret worden; über dieß ist die Verdoppelung der Selbstlauter nur in wenig[2100] Fällen zu empfehlen. Der folgende einfache Mitlaut s sichert die Dehnung des vorher gehenden o hinlänglich, so daß keine Verdoppelung nöthig ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2100-2101.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: