Machen

[2] Máchen, verb. reg. act. und in einigen Fällen auch Neutr. da es denn das Hülfswort haben erfordert. Es bedeutete,

I. Ursprünglich und eigentlich allem Ansehen nach, bewegen, da es denn mit dem einfachen wegen Eines Stammes zu seyn scheinet, indem w und m als Buchstaben eines und eben desselben Sprachwerkzeuges sehr oft für einander gesetzt werden. Von dieser größten Theils veralteten Bedeutung sind nur noch einige wenige Überreste erhalten worden, wohin folgende Bedeutungen gehören.[2]

1. Den Ort verändern, als ein Reciprocum, für sich begeben; in einigen R.A. des gemeinen Lebens und mit dem Nebenbegriffe einiger Geschwindigkeit. Sich davon machen, oder sich fort machen, sich hurtig weg begeben. Sich aus dem Staube machen. Sich auf den Weg machen, sich auf den Weg begeben. Sich auf die Flucht machen. Sich auf die Seite machen. Sich über etwas machen, sich darüber her machen, auch figürlich, einen ernstlichen Anfang damit machen. Sich von dem Berge hinab machen. Wie kannst du dich so nahe zu mir machen? Sich an jemanden machen, figürlich, so wohl ihn angreifen, als auch sich an ihn wenden.


So bald es morgen früh newr tagt,

So will ich mich dahin machen,

Theuerd. Kap. 47.


2. Eine Bewegung, und in weiterer Bedeutung, eine Handlung, eine Veränderung beschleunigen; im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart, und als ein Neutrum. Mach fort! eile dich! Mache doch! Mache, daß du bald wieder kommst. Ja, macht doch nur und geht. So machen sie denn, daß wir fortkommen. Wenn sie es sagen wollen, so machen sie, sonst gehe ich, Gell.

II. In gewöhnlicherer und weiterer Bedeutung, handeln, wirken, Veränderungen hervor bringen, zunächst von körperlichen, dann aber auch von unkörperlichen Veränderungen.

1. Absolute, ohne ausdrückliche Meldung der Veränderung; nur in einigen Arten des Ausdruckes. Mache es mit uns wie dirs gefällt, Richt. 10, 15. Der Herr wirds wohl machen, Ps. 37, 7. Was machen sie? Laß ihn nur machen. Man kann ihm nichts recht machen. Machen sie mit mir, was sie wollen. Damit kann ich nichts machen, damit ist nichts zu machen. So machen es alle die, welche kein gut Gewissen haben. Schon zwey Mahl hast du mirs fast eben so gemacht. Sie machen es darnach, daß man ihnen so begegnen muß. Was mach ich? soll ich zu ihm gehen? Was macht euer Bruder? figürlich, in der vertraulichen Sprechart, wie befindet er sich? Ich wollte nur sehen, was der Kranke macht, wie er sich befindet. Er wird es nicht lange mehr machen, sagt man im gemeinen Leben von jemanden, der bald aufhören wird in einer Sache wirksam zu seyn, ingleichen, der bald aufhören wird zu leben.

2. Mit ausdrücklicher Meldung der Wirkung.

1) Eigentlich.

(a) Ein Werk hervor bringen, einem Dinge die Wirklichkeit geben, es sey nun ein körperliches oder unkörperliches Ding. Gott hat Himmel und Erde gemacht, 1 Mos. 2, 4. Gott machte den Menschen aus einem Erdenkloße, Kap. 2, 7. Mache und Götter, 2 Mos. 32, 1. Wie groß ist der, der dich (Sonne) gemacht! Weiße.


Der Wein ist für freudige Herzen gemacht,

Cron.


Der Schneider macht ein Kleid, der Uhrmacher eine Uhr, der Schuster einen Schuh, der Tischler einen Tisch, der Schmid ein Hufeisen, die Nähterinn ein Hemd u.s.f. Gold aus Bley machen. Verse machen, ein Gedicht machen, eine Rede, eine Predigt machen, sie ausarbeiten. Käse, Butter machen. Feuer machen. Einem Platz machen, ihm Raum verschaffen. Einem eine Beschreibung von etwas machen. Einem die Rechnung machen. Zwey Mahl zwey macht vier. Sich auf etwas Rechnung machen, figürlich, es zu bekommen hoffen. Groß Aufhebens, viel Rühmens von etwas machen. Lärm machen. Ein Geschrey machen. Einwürfe gegen etwas machen. Sich einen Begriff von etwas machen. Ein Gesetz machen. Ein Zeichen machen.

[3] Da das Zeitwort machen nicht in allen den Fällen üblich ist, wo etwas, besonders aber ein körperliches Ding, zur Wirklichkeit gebracht wird, so haben verschiedene Sprachforscher Regeln zu geben gesucht, in welchen man dasselbe brauchen könne oder nicht. Allein sie sind theils falsch, theils reichen sie nicht hin. Am besten thut man, wenn man diese Fälle bloß aus dem Gebrauche erlernet. Machen ist ein sehr allgemeines Wort, welches eigentlich sich bewegen, und figürlich durch eine Bewegung hervor bringen bedeutet. Da die Art und Weise der Hervorbringung so sehr verschieden ist, so sind in sehr vielen Fällen besondere Zeitwörter eingeführet, welche diese Art und Weise näher bestimmen. So sagt man nicht, ein Haus machen, sondern bauen, nicht einen Garten machen, sondern anlegen, nicht Erz machen, sondern schmelzen, nicht Lichter machen, sondern ziehen, nicht eine Glocke machen, sondern gießen u.s.f. Das allgemeinere Zeitwort machen ist daher nur für diejenigen Fälle aufbehalten, welche kein besonderes Wort hergebracht haben, und diese Fälle lassen sich nicht durch Regeln, sondern bloß aus dem Gebrauche lernen. Indessen gibt es Fälle, wo so wohl das allgemeine machen, als auch ein eigenes Zeitwort üblich ist. Ein Buch machen, ingleichen es schreiben.

In einigen Fällen ist ein gemachtes Ding so viel als ein nachgemachtes oder unechtes, im Gegensatze des natürlichen und echten. Ein gemachter Demant. Gemachtes Gold. Ein gemachter Wein.

In andern wird es elliptisch von gewissen besondern Arten der Hervorbringung gebraucht. Etwas machen, im gemeinen Leben, seine Nothdurft verrichten; das Kind hat nichts gemacht. Das gemachte Neue ist bey den Jägern der frisch gefallene Schnee, S. Neu. Holz machen, d.i. es hacken, klein machen.

(b) In weiterer Bedeutung ein Verhältniß, eine Veränderung hervor bringen, die wirkende oder bewegende Ursache einer Veränderung seyn; gleichfalls auf eine sehr allgemeine und unbestimmte Art. Die Universitäten machen Doctores. Jemanden zum Doctor, zum Könige, zum Vormund, zum geheimen Rath, zum Professor machen, ihn dazu ernennen, erklären. Jemanden zum Sclaven, zum Knechte, zum Gefangenen machen. Ein Land zur Wüste machen. Eine Grafschaft zu einem Fürstenthume machen. Viele Schulden machen. Complimente machen. Einem ein Compliment machen. Einen Versuch, eine Probe machen, anstellen. Er will aus seinem Sohne einen Kaufmann machen. Ein Bündniß mit jemanden machen. Friede machen, so wohl die wirkende oder bewegende Ursache desselben seyn, als auch ihn schließen, als handelnde Ursache. Sich jemanden zum Freunde, zum Feinde machen. Jemanden ein saures Gesicht, eine finstere Miene machen. Anstalt zu etwas machen. Das macht bey ihm keinen Eindruck. Sich allerley Gedanken machen. Machen sie sich keine Sorgen, keinen Kummer, keine Unruhe. Sich ein Bedenken machen. Einem Hoffnung machen. Machen sie ihm doch die Freude. Einem Verdruß, Noth machen. Sie haben mir tausend vergnügte Stunden gemacht. Wir wollen uns einen Spaß, eine Lust machen. Bekanntschaft, Freundschaft mit jemanden machen. Einem allerley Vorwürfe machen. Den Anfang machen, den Anfang mit etwas machen. Der Sache ein Ende machen. Einem Lust zu essen machen. Machen sie doch keine Umstände mit ihm. Große Augen machen. Einem Ehre, Schande machen. Ernst machen, zeigen, daß es Ernst ist. Eine Entdeckung machen. Feyerabend machen, Schicht machen, aufhören zu arbeiten. Jemanden zum Gelächter machen. Sich etwas zur Pflicht machen. Bank machen, im Hasardspiele. Etwas zu Gelde machen, es verkaufen. Jemandes Glück machen, dessen Ursache seyn. Er[4] hat sein Glück gemacht, er ist glücklich geworden. Sich ein Gewissen aus etwas machen. Einer Sache Luft machen. Mit einem gemeine Sache machen.

So auch mit Nebenwörtern. Ein Gefäß rein machen, es reinigen. Etwas, das los oder locker ist, fest machen, es befestigen. Jemanden arm, reich, krank, gesund machen. Sich beliebt, verhaßt machen. Etwas größer, kleiner machen. Einen Gefangenen frey machen, ihn befreyen. Sich naß, schmutzig machen. Einen andern unruhig, lustig, verdrießlich, aufgeräumt, treuherzig, weichmüthig, stolz machen. Das macht mein Unglück vollkommen. Sich nothwendig machen. Einem andern etwas weiß machen, S. Weiß. Sich bezahlt machen. Alles rückgängig machen. Etwas lächerlich machen. Einem das Leben sauer, das Herz schwer, den Kopf warm machen. Einem etwas deutlich machen. Eine Arbeit fertig machen. Sich einer Sache würdig machen. Machen sie es fein kurz. Etwas ausfündig machen. Sich mit jemanden gemein machen. Jemanden herunter machen, im gemeinen Leben, ihn wacker ausschelten.

Ingleichen mit dem Bindeworte daß. Machen sie, daß er kommt, werden sie Ursache, veranstalten sie es. Machen sie nur, daß ich artiger und muntrer werde, Gell. Sie machen, daß man das Glück und die Liebe erst recht hoch schätzt, ebend. Machen sie, daß wir ihnen heute noch gratuliren müssen, ebend. Wie machen wir es, daß wir ihn fangen?

Viele gebrauchen es auch mit dem bloßen Infinitive des andern Zeitwortes. Verflucht sey, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege, 5 Mos. 27, 18. Weil du die Feinde des Herrn hast lästern gemacht, 2 Sam. 12, 14. Der da hat Israel sündigen gemacht, 1 Kön. 14, 16. Du ließest mich entschlafen und machtest mich leben, Es. 38, 16. Ein Schatten macht uns oft zittern, Mosheim. Jemanden lachen machen, wofür auch zu lachen machen üblich ist. Eine Liebe, die uns alle Vortheile unsers Eigennutzes vergessen macht. Man tadelt diese Wortfügung; aber allem Ansehen nach ohne Noth. Daß sie sehr alt ist, erhellet aus dem Französischen, wo das Zeitwort faire auf ähnliche Art, aber in einem noch viel weiterm Umfange gebraucht wird. Wenigstens ist sie erträglicher, als die mit dem Mittelworte: der Herr macht die Blinden sehend, Ps. 146, 8. In einigen, aber vielleicht nur wenigen Fällen, ist auch der Infinitv mit dem Wörtchen zu eingeführet. Sich etwas zu thun machen. Das hat mir viel zu schaffen gemacht.

Die wirkende Ursache braucht nicht eben ein verständiges Wesen zu seyn, wie einigen behaupten. Das Zeitwort machen hat eine so allgemeine Bedeutung, daß es auch von allen leblosen Dingen gebraucht werden kann. Die Sonne macht das Wachs weich. Sorgen macht vor der Zeit alt. Aufrichtige Reue macht alles wieder gut. Geschwefelter Wein macht den Kopf dumm. Salzige Speisen machen Durst. Das macht Kopfweh. Das macht, weil er arm ist. Das macht dein Unbestand. Die Bescheidenheit machte, daß sie zurück wich.

So zahlreich nun auch, wie zum Theil schon aus dem vorigen erhellet, die Fälle sind, in welchen dieses Zeitwort in der Bedeutung der Hervorbringung oder Verursachung einer Veränderung gebraucht werden kann, so sind sie doch auch nicht ohne alle Einschränkung, und man muß auch hier den Gebrauch nicht aus den Augen setzen. In der vertraulichen Sprechart sagt man zwar ein Spielchen machen, und im gemeinen Leben, einen Schnapps machen, aber nicht, einen Trunk machen, sondern thun, nicht, Gutes, Böses, Sünde, Wunder machen, sondern thun, nicht, den Angriff machen, einen Einfall in ein Land machen, sondern thun, nicht, einem Vorstellung machen, sondern thun. Hingegen[5] sind in manchen Fällen beyde Zeitwörter üblich. Einem einen Antrag machen und thun, kund machen und kund thun, eine Reise machen und thun. In andern Fällen kann man andere Zeitwörter unterschieben. Ich habe diese traurige Erfahrung schon oft gemacht, oder gehabt. Einen Versuch machen und anstellen. Hochzeit machen und halten. Seinem Sohne Hochzeit machen und ausrichten.

2) Figürlich. (a) Zubereiten, zu einer gewissen Absicht tüchtig, geschickt machen; gemeiniglich nur im gemeinen Leben, und in einigen Fällen. Das Bett machen. Holz machen, d.i. es klein machen, es hacken, es zum Verbrennen zubereiten. Thee, Kaffeh machen. Das Essen machen, es zubereiten. (b) Vermögen erwerben, verdienen. Er hat sich viel bey dieser Sache gemacht. Er weiß sich bey allem etwas zu machen. Dabey ist nichts zu machen, nichts zu gewinnen. (c) Sie machen es gar zu gefährlich, sie stellen es sehr gefährlich vor, geben es für sehr gefährlich aus. Er ist so arm nicht, als ihn die Leute machen. Er macht sich sehr arm, stellt sich sehr arm. Einem die Gefahr geringe machen, ihn überreden wollen, daß die Gefahr nur geringe sey. Einem etwas leicht, schwer machen, so vorstellen. Ich weiß nicht, was ich daraus machen soll, was ich davon denken, mir davon vorstellen soll. Einem ein Verbrechen aus etwas machen, es ihm als ein Verbrechen auslegen. Jemanden zu Ketzer machen, ihn dafür erklären. (d) Der Schauspieler macht den Cäsar, wenn er dessen Person vorstellet. Seine Rolle gut, schlecht machen. Er macht in diesem Hause den Narren, stellet ihn vor, gibt einen Narren ab. Da würde ich eine sehr alberne Figur machen, vorstellen. (e) Ich mache mir nichts daraus, ich achte es nicht. Viel aus einer Sache machen, sie hoch schätzen, sehr achten. Viel aus einer Person machen. Es wird wenig daraus gemacht, man achtet es nicht groß. (f) Bey den Jägern macht oder zeigt der Hirsch einen guten Fuß, wenn er einen guten Fuß hat. Der Hirsch hat eben daselbst wenig oder viel gemacht, wenn er ein Gehörn von wenig oder viel Enden aufgesetzt, d.i. bekommen hat. In den Zusammensetzungen kommen noch andere Bedeutungen vor.

Das Hauptwort, die Machung, ist von dem einfachen Zeitworte nicht üblich. In einigen Fällen kann man den Infinitiv als ein Hauptwort gebrauchen, in andern aber muß man seine Zuflucht zu andern Ausdrücken nehmen.

Anm. Schon bey dem Ottfried machon, gimachon, im Nieders. maken, im Engl. to make, im Angels. macan, im Schwed. maka, im Griech. mit der intensiven oder iterativen Endung ten, μοχθειν, wohin auch das einfachere μƞχανƞ, in der Dorischen Mundart μαχανα, gehöret. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es mit dem Lat. movere zu dem Geschlechte des Wortes wegen, bewegen, gehöret, weil m und w mehrmahls mit einander abwechseln. Alsdann würde auch die Verwandtschaft mit dem Lat. facere begreiflich seyn, indem das f so gut ein mit dem m verwandter Lippenbuchstab ist als w.S. Mähen, Fachen und Fackeln.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 2-6.
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