Meinung, die

[161] Die Meinung, plur. die -en, ein Hauptwort, welches nicht das Verbale des Zeitwortes meinen ist, weil es sonst die Handlung des Meinens bedeuten müßte, sondern aus demselben und der Ableitungssylbe -ung, ein Subject, ein Ding, zusammen gesetzet worden, ein von dem Gemüthe gewirktes Ding zu bezeichnen. Es ist jetzt nur noch in folgenden Fällen üblich. 1) Das Urtheil über eine Sache nach wahrscheinlichen Gründen, ohne zu entscheiden, ob dieses Urtheil wahr ist, oder nicht; daher es so wohl gegründete Meinungen gibt, wenn dieses Urtheil aus wahrscheinlichen Sätzen, durch ordentliche mit einander verknüpfte Schlüsse hergeleitet wird, als ungegründete. Einer Meinung seyn, sie[161] haben, hegen. Ich bin der Meinung, es werde nicht geschehen. Mit einem andern gleicher Meinung seyn. Andrer Meinung werden. In der Meinung stehen, sie haben. Auf seiner Meinung, bey seiner Meinung bleiben, verharren, davon abgehen, sie verlassen. Jemanden um seine Meinung in einer Sache fragen. Meiner Meinung nach, wie ich dafür halte. Es gibt hierüber allerley Meinungen. Auf eine Meinung gerathen. Jemanden irrige Meinungen beybringen. Jemanden bey seiner Meinung lassen. Meine Meinung geht dahin. Eine übertriebene Meinung von sich selbst haben. Darin bin ich völlig ihrer Meinung. Unrichtige Meinungen erzeugen unrichtige Begierden, Gell. Die wahre Freundschaft setzet allezeit gegenseitige Verdienste voraus, wenigstens die Meinungen derselben, ebend. Jemanden seine Meinung sagen, im gemeinen Leben auch, ihm einen Verweis geben. 2) Die Absicht und Gesinnung; wo der Plural ungewöhnlich ist. Es war nicht meine Meinung, dich zu treffen. Ich habe es nicht in der Meinung gethan. Ich kam her in der Meinung dich zu besuchen. Ich habe es aus keiner bösen Meinung gethan. 3) Der Wille; ein in den Kanzelleyen vorzüglich üblicher Gebrauch, wo es gleichfalls am häufigsten im Singular vorkommt. Und sende zu uns des Königes Meinung über diesem, Esr. 5, 17. Man hat davon auch das zusammen gesetzte die Willensmeinung, um die Zweydeutigkeit des letztern Wortes zu heben.

Anm. Bey dem Notker Meinungo, bey dem Ottfried, für Absicht, Meinon. Bey andern kommt es mit andern Ableitungssylben vor. Bey dem Ottfried ist Meinta die Absicht, im Wallis. Minnu S. Meinen und -Ung.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 161-162.
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