Nachbar, der

[364] Der Nachbar, des -s, plur. die -n, Fämin. die Nachbarinn, eine Person, welche zunächst an uns wohnet, sich zunächst neben uns aufhält. Personen, welche neben uns sitzen, oder ihre Zimmer neben dem unsrigen haben, heißen in dieser Rücksicht unsere Nachbarn. Personen, deren Häuser an einander stoßen, oder nicht weit von einander entlegen sind, heißen Nachbarn. Mein Kirchennachbar, welcher in der Kirche neben mir sitzt. Auch Personen, deren Grundstücke an einander gränzen, werden in dieser Rücksicht Nachbarn genannt. Feldnachbarn, deren Felder an einander stoßen; in einigen Gegenden Furchgenossen, so fern ihre Grundstücke nur durch eine gemeinschaftliche Furche von einander geschieden werden. In noch weiterer Bedeutung heißen in einigen Gegenden, z.B. im Meißnischen, alle Einwohner und in engerm Verstande, alle mit Grundstücken ansässige Einwohner eines Dorfes, Nachbarn, da denn dieses Wort auch wohl für Einwohner überhaupt gebraucht wird. In jedem Dorfe sind dazu zwey ansässige Nachbarn zu bestellen, d.i. Bauern oder Einwohner.

Anm. Bey dem Stryker, in dem Schwabenspiegel und bey den Schwäbischen Dichtern Nachgebur, Nachgepauer, bey dem[364] Ottfried und Notker nur Gebur, und mine Nahen, für meine Nachbarn.


Des muos ich vil dike truren

Bi froelichen nah geburen,

der wilde Alexander.


Im Nieders. Naber, Nauber, im Fämin. Naberske, im Engl. Neighbour, im Angels. Neahgebure; im Schwed. Nabo, im Isländ. Nacbur. Es stammet von nahe, nach einer harten hauchenden Aussprache, und bauen her, so fern es ehedem auch wohnen bedeutete, und bedeutet eigentlich einen Nahewohner. Notker umschreibet dieses Wort auch durch der uns kelegen ist, daher ist gelegenlich bey ihm so viel wie nachbarlich. Winsbeck nennt seinen Nachbar min Umbesetzen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 364-365.
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