Neid, der

[460] Der Neid, des -es, plur. car. das anhaltende Mißvergnügen über die Wohlfahrt und die Vorzüge anderer, und in engerer Bedeutung, die Fertigkeit, anderer Wohlfahrt und Vorzügen auf eine anhaltende Art ungern zu sehen; die Mißgunst, von welcher der Neid allenfalls ein höherer und länger anhaltender Grad ist. Der Neid bestehet in nichts, als in der Unzufriedenheit der göttlichen Austheilung, Gell. Neid gegen jemanden empfinden, tragen. Die biblische R.A. im Neide wandeln, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Etwas aus Neid thun. Vor Neid bersten wollen, im gemeinen Leben. Der Neid verzehret ihn. Das erweckt, verursacht nur Neid.

Anm. Schon bey dem Ottfried in der heutigen Bedeutung Nid, bey dem Ulphilas Neiths, im Nieders. Nied, im Angels. Nyth, im Schwed. Nid. Ehedem erstreckte sich die Bedeutung dieses Wortes viel weiter als jetzt. Es bedeutete nicht nur heftiges Verlangen, Begierde überhaupt, in welchem Verstande sich bey dem Notker Niet, und bey dem Stryker neitlich für begierig, findet. Er schlug auf ihn mit grossem neyd, mit großer Begier, Hitze, Theuerd. Kap. 106. Sondern auch besondere Arten heftiger Gemüthsbewegungen. Hwars mans Niding, hieß bey den ältern Schweden jedermanns Abscheu. Der Geitz heißt im Dän. und Schwed. noch jetzt Nid, und Niding ein Geitzhals. Der Eiser wird im Schwed. Nit, und im Angels. Nyth genannt, und Willeram gebraucht Nith für Eifersucht. Bey dem Ottfried ist Nid Haß, Odium, welches Lateinische[460] Wort selbst damit verwandt zu seyn scheinet, weil das N zu Anfange der Wörter oft sehr zufällig ist, S. N. Ja es wurde, so wie das Beywort neidisch, ehedem von einem jeden hohen Grade der innern Stärke gebraucht, daher noch jetzt neidisch essen in Niedersachsen begierig essen, und eine neidische Kälte eine heftige Kälte ist. Er merkt, daß ihm der Ritter so neydig was, Theuerd. Kap. 106, so hitzig auf ihn eindrang. Welcher weite Umfang, von dem unsere heutige Bedeutung nur ein kleiner Überrest ist, bey Aufsuchung des Stammes nothwendig mit in Betrachtung kommen muß.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 460-461.
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