Noß, das

[522] Das Nōß, des -es, plur. die Nößer, im gemeinen Leben einiger Gegenden, z.B. in Meißen, ein Stück zahmes vierfüßiges Vieh, besonders aber der Pferde, des Schaf- und Rindviehes. Fünf Rindsnößer, Schafnößer, Pferdenößer. Zugnößer, Zugvieh. Ein Gut, wovon nach dem Absterben des Besitzers die besten Nößer, welche in Pferden und Rindvieh bestehen, in das Amt geliefert werden müssen. Das beste Noß fällt dem Amte anheim. Der Schäfer muß die gefallenen Nößer selbst abziehen.

Anm. Es ist ein altes weit ausgebreitetes Wort, welches aber außer Meißen in Deutschland vielleicht wenig mehr bekannt ist. Im Schwed. ist Nöt, ehedem Naut, im Angels. Nyten, Niten, im Isländ. Naut, im Englischen Neat, im Schottländ. Noute, im Finnländ. Naute, ein Ochse, und im Dän. bedeutet Nod und Noth ein jedes Stück Vieh. Frisch leitet es von Genoß ab, und erkläret es durch pecora ejusdem stabuli, Ihre aber von Nutzen, wegen der Nutzbarkeit des zahmen Viehes. Da das N zu Anfange so vieler Wörter sehr zufällig ist, so könnte man glauben, das Noß und Ochse, Nieders. Oß, ein und eben dasselbe Wort sey. Da man das zahme Vieh auch gern Häupter zu benennen pflegt, und das Diminut. Nischel noch in einigen Gegenden Kopf bedeutet, so könnte man es auch hiervon ableiten. Allein, da Nūß (mit einem gedehnten u) in den gemeinen Sprecharten, besondres Oberdeutschlandes, sehr üblich ist, ein jedes Ding so wohl im Scherze, als verächtlichem Verstande zu bezeichnen, wo es nicht, so wie Nöt, ein dummer Mensch, im Schwedischen, eine Figur von der Bedeutung des Viehes, zu seyn scheinet; so muß dieses Wort wohl eigentlich einen weitern Umfang haben, und aus einer andern Quelle hergeleitet werden. Du bist ein leichtfertiges Nuß, ein närrisches Nǖßchen, sagt man im Oberdeutschen im Scherze zu einem Kinde, wo es gewiß nicht zu Nuß, Nux, gehöret. S. -Niß, Anm. und das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 522.
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