Ohnmacht, die

[597] Die Ohnmacht, plur. die -en. 1) Mangel der Macht, d.i. der Kraft, die Schwäche, Schwachheit; ohne Plural. Die Ohnmacht eines Staates, dessen geringe Macht. Die Ohnmacht des Menschen zu guten Handlungen. Die Ohnmacht der Götzen. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, derjenige Zustand des menschlichen Körpers, da derselbe auf einige Zeit alle Kräfte und alles Bewußtseyn verlieret, und wie todt dahin sinket. In Ohnmacht fallen, liegen. Es trat ihn eine Ohnmacht an. Die Ohnmacht dauerte fünf Minuten. Den Ohnmachten ausgesetzt seyn, öftere Ohnmachten bekommen.

Anm. In der ersten weitern Bedeutung lautet es schon von des Kero Zeiten an im Oberdeutschen Vnmaht, und im Plural Vnmahti, wo es auch von jeder Schwachheit und Krankheit so wohl des Leibes als des Geistes und Gemüthes gebraucht wird. Im Nieders. und einigen gemeinen Oberdeutschen Mundarten auch Amacht.


Ein stein der traff den jeger das

Er vor Amacht darnieder saß,

Theuerd. Kap. 37.


[597] Es ist aus un und Macht zusammen gesetzet, welches un in der neuern Oberdeutschen Mundart in ohn übergegangen ist. Es ist noch das einzige Wort, in welchem ohn für un im Hochdeutschen von allgemeinem Gebrauche ist, ob es gleich rathsamer wäre, dieses Wort nach dem Vorgange der Alten und der Analogie aller übrigen Wörter Unmacht und unmächtig zu schreiben und zu sprechen. S. Ohne Anm. 2. Der Plural Ohnmachten ist der alte Oberdeutsche Plural von Macht, der daselbst noch die Machten lautet, wofür das einfache Wort im Hochdeutschen Mächte hat. In der zweyten engern Bedeutung lautet es im Isländischen Omeign, und im Nieders. gleichfalls Anemacht, Unmacht und Amacht, indessen ist dafür im Niedersächsischen auch Swögniß, Beswögniß, Beswugtje, Sweimnisse, Beswimung und Flaute üblich, da man denn auch die Zeitwörter beswögen, verflauen, sweimen, beswimen, beswugten, swugten u.s.f. für in Ohnmacht fallen, hat. Im Oberdeutschen sagt man für Ohnmacht auch die Unkräften.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 597-598.
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