[333] Ohnmacht bezeichnet eine meist plötzlich eintretende Verminderung oder auch gänzliche Unterbrechung aller Lebensäußerungen, insbesondere des Bewußtseins, der Empfindung, Bewegung, des Athemholens und Blutumlaufs. Diesem Zustande, der in sehr verschiedenem Grade stattfinden kann, gehen meist Dunkelwerden vor den Augen, Schwindel, Beklemmung, Aussetzen des Puls- und Herzschlages, Zittern der Glieder, Blässe und Kälte der Gliedmaßen, leichte Muskelzuckungen und andere Zufälle voraus, bis plötzlich Sprache und Bewußtsein vergehen, obschon der davon Befallene im Anfange noch hört, was um ihn vorgeht, worauf der Körper schlaff zusammensinkt oder krampfhaft erstarrt und die Sinnesorgane gegen die gewöhnlichen und selbst verstärkten Einwirkungen unempfindlich werden. Dieses währt einige Minuten bis zu einer halben Stunde, dann kehrt das Leben unter leichten Zuckungen der Gesichtsmuskeln an den Mundwinkeln und Augenlidern, Poltern im Unterleibe, Abgang von Blähungen, Seufzen, tiefem Einathmen, Wiedererwachen des Pulses, der Sinne und des Bewußtseins zurück, und nur ein Gefühl von Abgeschlagenheit der Glieder erinnert an das eben Überstandene. Nicht immer aber enden Ohnmachten so glücklich, zuweilen gehen sie in Scheintod über oder werden auch durch Nerven- und Blutschlagfluß wirklich tödtlich. Sehr häufig treten Ohnmachten im Gefolge anderer Krankheiten ein, so sind sie z.B. eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei der Hysterie, bei Herzkrankheiten, Nervenfiebern u.s.w. Nervenschwache und vollblütige Personen sind ihnen mehr als andere, ebenso das weidliche Geschlecht, und zwar ganz besonders zur Zeit der Schwangerschaft, mehr als das männliche ausgesetzt. Gewöhnliche Veranlassung dazu sind heftige Gemüthsbewegungen und Sinneseindrücke, heftige Schmerzen, große Erschöpfung durch beträchtlichen Blutverlust oder Anstrengungen geistiger und körperlicher Art, großer Hunger und Durst. Ohnmachten haben oft nicht viel auf sich, so namentlich bei hysterischen Frauenzimmern, sind aber auch bedenkliche Erscheinungen, wie z.B. in Wechsel- und Nervenfiebern. Zuweilen gelingtes, ihnen vorzubeugen, wenn man, sobald die Vorboten sich zeigen, schnell Alles beseitigt, was das Athemholen und den freien Umlauf des Blutes behindert, daher alle nur einigermaßen fest anliegende Kleidungsstücke, wie Halsbinden, Gürtel, Schnürleiber, Strumpfbänder entfernt, auf der Stelle der freien Luft Zutritt gestattet, ein Hand- oder Fußbad nehmen und etwa eine Tasse Pfeffermünz-, Melissen- oder Kamillenthee nebst ein Paar nervenstärkenden Tropfen trinken läßt. Eine bereits eingetretene Ohnmacht versuche man, zumal wenn sie lange anhält, durch Besprengen des Gesichts mit kaltem Wasser oder mit Wasser und Essig, durch Waschen der Stirn und Schläfe, auch mit Naphtha, kölner Wasser (eau de Cologne), durch verschiedene Riech- oder Niesemittel, Bürsten der Fußsohlen u.s.w. aufzuheben. Dauert indeß trotzdem die Ohnmacht fort, so suche man schleunigst ärztliche Hülfe.