Prozeß, der

[851] Der Prozếß, des -sses, plur. die -sse, aus dem mittlern Lat. Processus. 1. Die Art und Weise, wie eine Sache behandelt wird; in welcher Bedeutung es besonders in der Chymie und After-Chymie üblich ist, wo man die vorgeschriebene Art und Weise, ein chymisches Product zur Wirklichkeit zu bringen, einen Prozeß zu nennen pflegt. 2. In engerer Bedeutung, die Art und Weise, nach welcher die vorkommenden Fälle vor Gericht abgehandelt werden. 1) Eigentlich, wo es die in den Gesetzen vorgeschriebene Ordnung ist, nach welcher die Rechtssachen verhandelt und zu Ende gebracht werden; der Rechtsgang. Der summarische Prozeß, der Civil-Prozeß, der Criminal-Prozeß, der Schuld-Prozeß, der Wechsel-Prozeß u.s.f. Einem den Prozeß machen, ihn verurtheilen. 2) Figürlich, ein Streit vor Gericht selbst; ein Rechtsstreit, Rechtshandel. Einen Prozeß haben, mit jemanden haben. Einen Prozeß mit jemanden bekommen. Einen Prozeß anfangen, mit jemanden anfangen. Einen Prozeß gewinnen, verlieren.

Anm. Dieses fremde Wort ist zugleich mit dem Römischen Rechte in Deutschland eingeführet worden. Vorher hatte man eigene Deutsche Ausdrücke dafür, besonders in der letzten Bedeutung, welche noch lange gangbar gewesen sind, und es zum Theil in einigen Gegenden noch sind. Dahin gehören die in dieser Bedeutung veralteten Ausdrücke Rechtfertigung und Krieg, und das noch Nieders. Pleit, Franz. Plaid, Engl. Plea, wo auch pleiten vor Gerichte streiten, prozessiren, ist, Holländ. playden, Franz. plaider. Spelmann leitete es von dem Angels. plea, Gefahr, Verlust, ab; allein schon bey dem Kero ist Flyz Zank, Streit, welches so wie alle ähnlichen Wörter ursprünglich das mit dem Zanken und Streiten verursachte Geräusch ausdruckt, und zu laut, plaudern, und andern dieser Art gehöret. Da Prozeß durch den langen und häufigen Gebrauch nunmehr schon eine Art von Bürgerrecht erhalten hat, so kann man das Latein. c in demselben auch füglich mit dem mehr Deutschen z vertauschen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 851.
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