Rastrum, der

[946] Der Rastrum, plur. car. der eigenthümliche Nahme des gemeinen Stadtbieres zu Leipzig. Da fast an jedem Orte das daselbst einheimische Bier seinen eigenthümlichen Nahmen hat, und dieser[946] oft auf einen Scherz gegründet ist, so glaubt Frisch, daß ein solcher auch hier zum Grunde liege. Rastrum bedeutet im Latein. einen Karst oder Rechen; vielleicht glaubte Frisch, daß der Nahme des Bieres einen Anspielung auf dessen schlechte, im Halse kratzende Eigenschaft sey, welche es doch nicht hat, ob es gleich übrigens ein dickes und schweres Bier ist. Allein es hat seinen Nahmen allem Ansehen nach einer ernsthaftern Figur zu danken. Das Zeichen solcher Häuser, wo Rastrum oder Stadtbier geschenkt wird, war von Alters ein eiserner Rechen (Rastrum) mit einem darauf gesetzten langen Glase oder Topfe, daher der alte Deutsche Übersetzer des Pantagruels von Rabelais schon des Leipzigischen Rechenbieres gedenket. Noch jetzt hat das Kreuzholz, welches solchen Häusern zum Zeichen dienet, einige Ähnlichkeit mit einem Rechen, obgleich das darauf stehende Glas oder die Kanne die Gestalt eines Kegels bekommen hat. Übrigens kommt Burgerastrum, Borgerastre, Borgerasa, Borgeralfrum, Orgerafres, Burgacea u.s.f. bey dem Du Fresne und Carpentier häufig von einer Art eines bey den Mönchen in den mittlern Zeiten üblichen sehr süßen Getränkes vor, welches noch von dem Pigmentum verschieden war, aber mit unserm Rastrum nicht die geringste Verwandtschaft hat, man müßte denn erweisen können, daß Rastrum ehedem ein allgemeiner Nahme eines süßlichen Getränkes gewesen, welchen man hernach dem süßlichen Stadtbiere gegeben, und aus Unkunde der Bedeutung es von einem Rechen erkläret, der denn aus dieser falschen Ethymologie das Zeichen eines solchen Bieres geworden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 946-947.
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