Reif

[1045] Reif, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich von Früchten und Gewächsen, keiner Nahrung von dem Stamme weiter bedürfend; im Gegensatze des unreif. Reifes Obst, reife Äpfel, reife Trauben, reifes Getreide, reifer Samen. Reif seyn, reif werden. S. auch Frühreif und Nothreif. Zuweilen auch von andern Theilen der Gewächse. Die Rinde eines Baumes ist reif, wenn sie ihre gehörige Stärke hat. So auch von dem Holze, den Blättern u.s.f. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung, durch die Länge der Zeit zu seiner Vollkommenheit gediehen. Ein Geschwür ist reif, wenn es aufbrechen will. Ein reifes Geschwür. Reifes Salz, in den Salzhütten, welches lange genug auf den Salzböden gelegen hat, so daß es zum Verführen hinlänglich trocken ist. Ein Mann von reifem Alter. Das wird sich bey reifern Jahren schon ändern. Ein reifer Verstand. Die Sache ist reif, wenn sie zur Ausführung geschickt ist. Reifes Nachsinnen. Eine reife Gelehrsamkeit. Ein reifes Urtheil fällen. Zum Ehestande reif seyn. Alles, alles glänzt in reifer Schönheit, Geßn. Zur Strafe reif seyn. S. Reiflich, Reife und Reifen.

[1045] Anm. Schon bey dem Kero riif, bey dem Willeram rief, im Nieders. riep, im Angels. und Engl. ripe. Die heutige Bedeutung dieses Wortes ist eine Figur, welche ursprünglich von einer in das Gehör fallenden Eigenschaft entlehnet seyn muß. Welches diese Eigenschaft ist, läßt sich nur muthmaßen. Frisch und andere glauben, daß es von raffen abstamme, so fern es, wie das Angels. ripian, ehedem schneiden, ernten u.s.f. bedeutete, da es denn denjenigen Zustand der Früchte bezeichnen würde, in welchem sie zur Einerntung, zum Abfalle, geschickt sind. Fast sollte es scheinen, daß der Begriff der Zeitdauer in diesem Worte der herrschende sey, und alsdann könnte es eine Figur von den folgenden seyn, so fern diese eine Ausdehnung in die Länge bedeuten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1045-1046.
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