Süd, der

[496] Der Süd, des -es, plur. car. 1. Diejenige Himmelsgegend, von welcher die warmen heißen Winde herkommen, oder welche uns zur linken liegt, wenn wir Morgen in Rücken, und Abend vor uns haben; Mittag. Es wird hier nur ohne Artikel und gemeiniglich auch ohne Declination in Gestalt eines Nebenwortes gebraucht. Der Wind ist Süd, kommt von Mittag. Noch häufiger wird für dieses Hauptwort das folgende Nebenwort Süden gebraucht. Der[496] Süden, die mittägige Gegend, der Mittag, ist nur von einigen Dichtern gewagt worden.


Sah ich nicht jüngst, als er von fernem Süden

Den Riesen aus der Mitternacht,

Sein Heer entgegen riß, u.s.f.

Raml.


Indessen ließe sich vielleicht auch behaupten, daß dieses Wort Süd, Südens, Süden declinieret werden müßte, und daß das folgende Nebenwort Süden bloß die dritte Endung sey; welches denn auch von Ost, Osten, Nord, Norden, und West, Westen gelten würde. 2. Ein aus dieser Gegend kommender Wind, für Südwind, doch nur in der dichterischen und höhern Schreibart. In dieser Bedeutung hat es ohne Widerspruch im Genit. Südes, oder Süds, im Dat. Süd, obgleich diese Endungen seltner vorkommen, so wie auch der Plural, den diese Bedeutung gar wohl verstattet, nicht gangbar ist.


Und den gefährlichen Süd, den Vater würgender Seuchen,

Gieseke.


Anm. Im Angels. Suth, im Engl. South, im Franz. Sud, im Wallis. Su. Bey den ältern Oberdeutschen von Carls des Großen und Rabani Mauri Zeiten an Sunt, welches noch in einigen eigenthümlichen Nahmen übrig ist, z.B. Sundgau, Sundheim u.s.f. Dieses Sund ist mit Sonne unstreitig Eines Geschlechts, so wie unser heutiges Süd allem Ansehen nach zu sieden gehöret, diejenige Gegend zu bezeichnen, in welcher die heißen Länder liegen, und aus welcher die warmen Winde kommen. Indessen gilt dieses nur von unserer Hälfte der Erdkugel, denn in denjenigen Ländern, welche auf der andern Hälfte liegen, ist unser Nord ihr Süd, weil sie ihre warmen Winde von dem Äquator her, die kalten stürmischen aber von dem Südpole haben. Siehe auch Ost, ingleichen Süden, Süder.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 496-497.
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