[1663] Schroten, verb. reg. außer, daß es im Mittelworte lieber geschroten als geschrotet hat. Es ist eigentlich eine Onomatopöie, welche den Laut, den die ausdruckt, genau nachahmet, und ursprünglich als ein Neutrum üblich war, diesen Laut von sich geben, oder hervor bringen. Die Schilde begunden schroten, bey dem Stryker; vermuthlich, die Schilde fingen an zu rasseln oder ein Geräusch zu machen. In dieser Gestalt ist es veraltet, indem wir es nur noch als ein Activum kennen, wo es von mehrern sehr verschiedenen Handlungen üblich ist, welche aber insgesammt mit diesem Laute verbunden sind, oder doch ursprünglich damit verbunden waren. Diese Handlungen sind,
1. Nagen, wenigstens diejenige Art des Nagens, deren Laut der im Zeitworte liegenden Onomatopöie am nächsten kommt, dergleichen das Nagen größerer Thiere an großen Körpern ist. Nieders. schraden, und im Lateinischen ohne Zischlaut rodere. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung noch hin und wieder gangbar, daher auch gewisse Arten Käfer Schröter genannt werden. Siehe dasselbe, ingleichen Ratze.
2. Gröblich zermalmen, auch nur von solchen Arten, welche mit diesem Laute verbunden sind. Die Nagethiere schroten das Holz, das Getreide, wenn sie es durch Nagen gröblich zermalmen. Am[1663] üblichsten ist es in den Mühlen, wo das Getreide geschroten wird, wenn man es von dem Steine in grobe Stücke zerbrechen läßt, ohne es durch das Beuteltuch gehen zu lassen. Geschrotene Gerste geschrotenes Malz, geschrotene Bohnen, Erbsen u.s.f. Dergleichen auf den Mühlen gröblich gemahlne Früchte denn auch collective Schrot genannt werden. Ohne Zischlaut sind auch Krütze, Kraut, so fern es ehedem gröbliches Pulver bedeutete, u. a. m. damit verwandt. Das Nieders. schraden, Angels. scredan und Schwed. skräda, bedeuten gleichfalls zermalmen.
3. Mit dem diesem Zeitworte eigenen Laute, aushöhlen; wo es doch nur selten vorkommt. Ehedem scheinet es auch in weiterm Verstande für aushöhlen überhaupt üblich gewesen zu seyn, wovon denn Schrot ein hohles Gefäß, und das Geschröte, der Hodensack, Lat. Scrotum, abstammen. Das Bergmännische schroten, durch Erde und Gestein arbeiten, gehöret so wohl zu dieser, als der vorigen Bedeutung. Es ist daselbst besonders in den Zusammensetzungen erschroten, unerschroten, verschroten, üblich. Der Bergmann hat starke Wasser erschroten, wenn er im Erbrechen eines Ganges oder einer Kluft auf Wasser kommt. Einen Gang mit einem Stollen erschroten, durch Führung oder Grabung eines Stollens auf einen Gang kommen. Ein unerschrotenes Feld, wo noch nicht nach Erz gegraben worden, ein uneröffnetes, im Gegensatze des verschrotenen Feldes.
4. Der Quere nach zertheilen, es geschehe nun durch Sägen, Hauen, Schneiden oder auf andere Art. 1) Eigentlich; Nieders. schraden, schon bey dem Ulphilas skreitan, im Angels. screadan, im Engl. to shred, to shroud. Besonders von denjenigen Gattungen des Theilens dieser Art, wobey der diesem Zeitworte eigenthümliche Laut Statt findet, welches bey dem Zertheilen großer, harter, aber doch dabey gewisser Maßen zäher Körper zu geschehen pfleget. Einen Baum in zwey Stücke schroten, ihn in der Quere in zwey Stücke theilen, es geschehe nun durch Hauen vermittelst der Schrotaxt, oder durch Sägen vermittelst der Schrotsäge. Die Nadler schroten den Draht zu Nadeln, wenn sie ein Pack Draht mit der Schrotschere durchschneiden. Von dieser Bedeutung stammet vermuthlich das Niedersächs. schrad, schräge, ab. 2) In weiterer Bedeutung wird es in vielen Fällen für zertheilen überhaupt gebraucht, es geschehe nun durch Schneiden, oder durch Hauen, Sägen u.s.f. wo doch immer mit auf den eigenthümlichen Laut des Zeitwortes Rücksicht genommen werden muß. Die Schmiede schroten ein Stück Eisen entzwey, wenn sie es entzwey hauen, d.i. es auf das Schroteisen legen, oder auch den Schrotmeißel darauf setzen, und es solcher Gestalt vermittelst des Hammers theilen. Geschrotene Eisen sind im Bergbaue von dem Stangeneisen abgeschlagene Stücke. In den Münzen werden die Zaine geschroten, wenn man mit einem hohlen, runden, scharfen Eisen die runden Stücke, welche hernach gepräget werden, aus den Zainen hauet. Auf eben dieselbe Art werden auch die Oblaten geschroten. Eben so wird es in vielen Fällen für sägen gebraucht. Die Kammacher schroten das Horn, wenn sie es sägen. Ingleichen für schneiden. Ehedem schrotete man das Getreide, wenn man es mit der Sichel abschnitt, ja man gebrauchte es vor diesem von einem jeden Schneiden mit der Schere, in welchem Verstande das Nieders. schraden noch üblich ist; daher ein Schneider ehedem auch Schröter, Nieders. Schrader genannt wurde. Im Hochdeutschen ist es hier wenig mehr gangbar, außer in einigen Fällen des gemeinen Lebens; der ehemahlige figürliche Gebrauch aber ist völlig veraltet. Min lib ist abageschroten, mein Leben ist abgekürzet, Notk. Er beschrotete ihre Pfründen, für beschnitt, Walser ein Schweizer. Ohne Zischlaut ist auch im Böhm. Kratj schneiden. 3) * Eine Figur dieser Bedeutung des Theilens, Zertheilens scheinet auch der nunmehr längst[1664] veraltete Gebrauch für erforschen, durchforschen, zu seyn, wo es mit dem Lat. scrutari sehr nahe verwandt ist. Sie durchscroteton, sie durchforschten, Notk. bey welchem scrodende auch scrutantes ist. Wenn es hier nicht vielmehr eine Onomatopöie des Fragens, der menschlichen Stimme, ist, da es mit grüßen, Nieders. gröten, verwandt seyn würde. Im Schwed. ist skräda auswählen, Nieders. so fern es von dem Auswählen der Speisen gebraucht wird, krüden, wo der Begriff des Zertheilens der hervorstechendste ist.
5. Schieben und wälzen; doch auch nur von dieser Behandlung schwerer Körper, welche, wenn sie geschoben oder gewälzet werden, den diesem Zeitworte eigenen Laut machen, daher es nur in einigen Fällen üblich ist. Im Lat. ohne Zischlaut rotare, bey dem Pictorius roden, movere ac moliri, wohin auch unser Frequentativum rüttlen gehöret. Einen Stein fortschroten, mühsam fortschieben oder fortwälzen. Eine Last von dem Wagen, auf den Wagen schroten. Ein Faß Wein, ein Faß Bier in den Keller schroten, aus dem Keller schroten. S. Schröter, Schrotleiter, Schrotseil. Hierher scheinet, doch ohne Zischlaut, auch das Nieders. kroden zu gehören, welches besonders in den Torfländern üblich ist, wo der gegrabene Torf gekrodet wird, wenn er auf einem Karren an den Ort geschoben wird, wo er trocknen soll, welches von den Krodern geschiehet. So auch das Schroten.
Anm. Ehedem ging dieses Zeitwort irregulär; Imperf. ich schriet, Mittelw. geschrieten oder geschroten, von welcher Form noch jetzt das Mittelwort geschroten für geschrotet üblich ist.