Schwaden (1), der

[1703] 1. Der Schwaden, des -s, plur. ut nom. sing. ein vermittelst des vorgesetzten Zischlautes von Wedel, wehen abgeleitetes Wort, dessen herrschender und ursprünglicher Begriff die gelinde Bewegung ist, welches aber nur noch in verschiedenen einzelnen, dem Anscheine nach sehr von einander verschiedenen Fällen üblich ist. 1) Bey den Jägern wird der kurze Schwanz des Hirsches der Schwaden oder Hirschschwaden genannt; ohne Zweifel, weil er in einer beständigen Bewegung ist, daher er auch der Wedel, das Wedele, das Federle heißt. Das im gemeinen Leben übliche Schwanz ist nur im Endlaute verschieden. 2) In manchen Fällen wird ein dicker Dunst Schwaden genannt. So ist im Salzsieden der Schwaden oder Salzbroden der Dunst, welcher im Sieden der Sohle von derselben aufsteigt. Noch üblicher ist es im Bergbaue, wo alle mineralische dicke Dünste, welche oft schädlich und giftig sind, Schwaden genannt werden. Schwefelige Schwaden, arsenikalische Schwaden u.s.f. Ohne Zweifel auch von wehen, und dem davon gebildeten Nieders. swajen, hin und her beweget werden, weil dergleichen Dünste in einer beständigen gelinden Bewegung sind, besonders in den Bergwerken, wo sie sehr sichtlich hin und wieder ziehen. Im Böhmischen ist Swad der Gestank. Auch Wetter gehöret zu diesem Geschlechte, besonders in der bergmännischen Bedeutung, wo dergleichen schädliche Dünste auch böse oder faule Wetter genannt werden. 3) In der Landwirthschaft Ober- und Niederdeutschlandes ist der Schwaden so wohl die Reihe des mit der Sense abgehauenen Getreides oder Grases, welches zur linken Hand des Mähers liegen bleibt, als auch die Breite, der Raum, welchen ein Mäher im Mähen mit der Sense bereichen kann. Große Schwaden hauen. Das Gras liegt noch in Schwaden. Das Getreide auf den Schwaden oder in den Schwaden liegen lassen. Die Schwaden zerschlagen, sie mit dem Rechen aus einander werfen. Ein Jäger schlief im Haberschwaden, Lichtw.

Anm. In dieser letzten Bedeutung stimmen die Mundarten in der Form dieses Wortes nicht überein. Frisch macht es, vermuthlich ohne Grund, zu einem weiblichen Worte, die Schwade. Im Niederdeutschen wird es oft collective und im Singular allein als ein Neutrum gebraucht, das Schwad, und vermuthlich rühret es daher, daß man auch in einigen Obersächsischen Gegenden in der ersten Endung sagt, der Schwad. Es lautet in dieser Bedeutung im Holländ. Swade, Zwaade, im Engl. Swath. Der Stammbegriff ist hier ohne Zweifel das Schneiden oder Hauen, welches hier, wie in so vielen andern Fällen, eine Figur der Bewegung ist. Im Angels. ist Swath das Abschneiden, im Holländ. Swad und im Nieders. Swade eine Sense, im Fries. Swae, Swah. In eben dieser Mundart ist Swette ein Gränzzeichen, eine Gränze, vielleicht eigentlich ein eingeschnittenes Gränzzeichen. Übrigens wird ein Schwaden in dieser letzten landwirthschaftlichen Bedeutung in Ostfriesland die Wirse, (eben daselbst ist Wirsena eine Runzel,) im Osnabrückischen Gen, Gien, und in einigen Obersächsischen Gegenden der Jahn genannt, siehe das letztere Wort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1703-1704.
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