Spleißen

[219] Spleißen, verb. irregul. Imperf. ich spließ, Mittelw. gesplissen; Imperat. spleiß. Es bedeutet eigentlich spalten, und wird so wie dieses sowohl als ein Neutrum, als auch als ein Activum gebraucht, da es denn im erstern Falle das Hülfswort seyn bekömmt. Im Hochdeutschen wird es wenig gebraucht, desto häufiger aber in einigen Oberdeutschen Gegenden, da es denn auch in weiterer Bedeutung für reißen, trennen, scheiden üblich ist. 1. Eigentlich, wie spalten. Das Holz ist gesplissen, hat sich gesplissen, gespalten. Noch häufiger als ein Activum; Holz spleißen, Reife, Faßdauben, Dachspäne spleißen. 2. In weiterm Verstande für reißen, theilen, trennen, in welcher es im Hochdeutschen völlig ungewöhnlich ist.


Daß durch stolzen Wahn im Wissen.

Das arme Christenthum in Stücken ist gesplissen,

Opitz.


Nur im Hüttenbaue einiger Gegenden, z.B. auf dem Harze, ist das Spleißen ein Schmelzen, durch welches das Königskupfer verschmolzen und reiner gemacht wird, welches in andern Gegenden das große Gahrmachen heißt. Es geschiehet in dem Spleißofen und der Spleißhütte von dem Spleißmeister und dessen Spleißknechten. Wo vermuthlich auch der Begriff des Scheidens oder Trennens der herrschende ist. So auch das Spleißen.

Anm. Im Nieders. spliten, und intensive spletten, zu welchem letztern unser Splitter gehöret, im Engl. split, im Schwed. splita, im Griech. σπάλάττειν, welche alle sowohl spalten als reißen, zerreißen bedeuten; die Kleider zerspleißen, im Niedersächsischen terspliten. Es ist nicht aus spalten gebildet, sondern druckt[219] seinen eigenen, freylich sehr nahe verwandten Laut aus. Es ist eine ziemlich allgemeine Regel, daß von zwey oder mehrern Anfangs-Consonanten nur der letzte eigentlich zu dem Stammlaute gehöret, die übrigen aber Präfira sind, welche diesen Stammlaut auf verschiedene Art abändern. Nach dieser Regel gehöret spleißen zu dem Laute, welchen lassen, letzen, in verletzen u.s.f. mit vorgesetztem Blaselaute blesser, platzen u.s.f. ausdrucken. Mit andern Vorlauten bedeutet auch schleißen, und im Schwed. sprita, in einigen Gegenden spreißen, spalten, welches letztere mit unserm spreitzen und reißen verwandt ist. S. auch Splint.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 219-220.
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