Tisch, der

[606] Der Tísch, des -es, plur. die -e, Diminut. das Tischchen, Oberd. Tischlein. 1. Eigentlich, ein erhöhetes Blatt oder ebene Fläche, vor derselben stehend oder sitzend allerhand Geschäfte darauf vorzunehmen. Ein Aufschlagetisch oder Klapptisch, ein Betttisch u.s.f. Besonders eine solche erhöhete Fläche auf einem Gestelle. Ein hölzerner Tisch, Marmortisch, Schiefertisch, Rechentisch, Schreibetisch, Werktisch oder Arbeitstisch, Schenktisch, Spieltisch, Speisetisch oder Eßtisch, welcher auch oft nur der Tisch schlechthin genannt wird. Sich an den Tisch setzen. Vor dem Tische stehen, sitzen. Jemanden unter den Tisch stecken, im gemeinen Leben, seiner mächtig werden; ihn unter den Tisch trinken, ihn danieder trinken. Wenn von einem Speisetische die Rede ist, so wird dieses Wort nur von den gewöhnlichen kleinen Flächen dieser Art für kleine häusliche Gesellschaften gebraucht; eine größere heißt eine Tafel. S. dieses Wort. 2. Figürlich. 1) Die Handlung des Speisens vor einem Tische, ohne Plural; wo es auch nur von dem Speisen kleiner häuslicher Gesellschaften oder geringerer Personen üblich ist, zum Unterschiede von der Tafel, welches in eben diesem Verstande theils von feyerlichen Mahlzeiten, theils von vornehmen Personen gebraucht wird, S. dieses Wort. Es wird hier nur ohne Artikel gebraucht. Sich zu Tische setzen, um zu speisen. Zu Tische gehen. Noch bey Tische seyn oder sitzen. Vom Tische aufstehen. Über Tische, während der Mahlzeit. Über Tische wollen wir weiter davon reden. Bis auf den Abend bey Tische sollst du Zeit haben, Gell. Zu Tische, nicht zu Tische kommen, zur gewöhnlichen Mahlzeit. Vom Tische wegbleiben. Nach Tische wollen wir davon reden. Er kam noch vor Tische. Zu Tische läuten, jemanden zu Tische rufen. Jemanden zu Tische laden, bitten. Er wollte mich zu Tische behalten. Machen sie, daß wir bald zu Tische kommen, Gell. Bey jemanden zu Tische bleiben. Der Tisch des Herren, in der Deutschen Bibel, das Abendmahl, welches im gemeinen Leben auch Gottes Tisch genannt wird. Zu Gottes Tische gehen, edler zum Tische des Herren. 2) Die gewöhnliche Handlung des Speisens mit Inbegriff der Speisen, wo es gewisser Maßen als ein Collectivum und gleichfalls ohne Plural gebraucht wird. Der Mittagstisch, der Abendtisch. Einen guten Tisch führen, gut speisen. Bey jemanden an den Tisch gehen, gewöhnlich bey ihm speisen; den Tisch bey ihm haben. Freyen Tisch bey jemanden haben. Den Tisch bezahlen. Jemanden den Tisch aussagen, nicht mehr gewöhnlich bey ihm speisen wollen. Von Tisch und Bett geschieden seyn. Von vornehmen Personen wird auch hier das Wort Tafel gebraucht. 3) In dem Worte Nachtisch wird es auch für eine gewisse Art Speisen gebraucht, S. dasselbe; in welchem Verstande Nachtafel nicht eingeführet ist.

Anm. Bey dem Ottfried Disg, bey dem Notker Diske, Tisch, bey dem Willeram Disk, im Nieders. Disk, im Schwed. Disk, im Engl. Desk, ein Schreibetisch, im Ital. Desco, ein Rechentisch, im mittlern Lat. Discus und Deis. Wenn es nicht mit dem Lat. Discus, welches eine jede Platte oder runde Scheibe, und in engerm Verstande einen Teller bedeutet, von einem gemeinschaftlichen Stamme herkommt, so ist es vermuthlich aus demselben entlehnet; indem das Schwed. Disk, und das Engl. Dish, so wie[606] das Latein. noch jetzt einen Teller bedeuten. Nach der ältesten Art zu speisen, saß jeder Speisender allein, und hatte eine runde oder viereckte Scheibe vor sich liegen, welche ihm die Stelle so wohl eines Tisches, als auch einer Schüssel und eines Tellers vortrat. Bey Einführung mehrerer Bequemlichkeit blieb daher der Nahme bald den Schüsseln und Tellern, bald aber auch der Fläche, worauf sie gesetzt wurden. Es scheinet auch, daß das Wort Tisch vor Ottfrieds Zeiten nicht im Deutschen bekannt gewesen; denn in dem Salischen Gesetze kommt dafür Beod, Bind, Bett vor, welches aus der ältesten Art zu speisen erkläret werden muß, und bey dem Kero Mias, welches letztere zu dem Lat. Mensa gehöret. Übrigens nennen die Niedersachsen einen Tisch auch Schive, Scheibe, und die Dänen Skiffue, welches mit dem Lateinisch-Deutschen Tisch im eigentlichsten Verstande gleich bedeutend ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 606-607.
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