Völkerschaft, die

[1226] Die Völkerschaft, plur. die -en, mehrere kleinere verwandte Völker, als ein Ganzes betrachtet, ein Volk, so fern es wieder aus mehrern kleinern Völkern oder Stämmen bestehet. Die Tatarische Völkerschaft. Da es denn auch von einem jeden Volke gebraucht wird, weil jedes wiederum aus kleinern Theilen bestehet. Das Wort ist vermuthlich in den neuern Zeiten eingeführet worden, dem vieldeutigen Worte Volk und dem demselben in den meisten Fällen anklebenden verächtlichen Nebenbegriffe auszuweichen. Die Ableitungssylbe schaft kann hier nichts anders, als ein Collectivum bezeichnen, welches unter andern auch aus dem Plural Völker – erhellet, mehrere Völker als ein Ganzes betrachtet, wie Judenschaft, Bürgerschaft, Bekanntschaft, Brüderschaft u.s.f. die sämmtlichen Juden, Bürger, Bekannten, Brüder. S. -Schaft 2 (1). Stosch, der diese Ableitungssylbe nicht gehörig kannte, und ihr unter andern auch die Bedeutung einer Verwandtschaft, eines Ursprunges und Herkommens beylegt, die sie doch nicht hat, indem sie da, wo sie zu seyn scheinet, allemahl in der ersten Hälfte der Zusammensetzung liegt, konnte daher Völkerschaft auch nicht anders als irrig erklären, wenn er diesem Worte einen engern Begriff beyleget, als dem Worte Volk.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1226.
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