Vasall, der

[976] Der Vasáll, des -en, plur. die -en, Fämin. die Vasallin, eigentlich ein Lehensmann, im Gegensatze des Lehensherrn, eine Person, welche von einem andern ein Gut in Lehen hat, und ihm dafür zur Treue und gewissen Diensten verpflichtet ist. Jemandes Vasall seyn. Die Vasallen aufbiethen, die Lehensleute, Untersassen. In engerer Bedeutung werden von einigen nur diejenigen Lehenleute Vasallen genannt, welche zur Mannschaft, d.i. zu Kriegsdiensten, verpflichtet waren, zum Unterschiede von den Dienstmännern oder Dienstleuten, Ministeriales, welche Hoflehen besaßen und dafür zu Hofdiensten verpflichtet waren; obgleich dieser Unterschied aus den Deutschen Gebräuchen nicht erweislich seyn möchte. In weiterm Verstand wird oft ein jeder Unterthan, selbst zuweilen ein bloßer Gerichtsunterthan, ein Vasall genannt, S. Unterthan.

Anm. Das Wort ist mit dem Lehenrechte aus dem mittlern Latein. Vasallus, Vassallus, Vassus, in das Deutsche gekommen, obgleich auch dieses aus einer der damahligen Europäischen Sprachen entlehnet worden, welches vermuthlich die Deutsche oder nordische gewesen. Da dieses ältere Stammwort bisher noch nicht mit Gewißheit bestimmt worden, so hat es auch an Ausschweifungen und seltsamen Ableitungen dieses spätern Lateinischen Wortes nicht gefehlet, welche ich hier nicht anführen mag, sondern nur bemerke, daß diejenige Ableitung, welche dieses Wort eigentlich durch Kostgänger, Brötling erkläret, eine Person zu bezeichnen, welche jemandes Kost genießet, und ihm dafür zu gewissen Diensten verpflichtet ist, wie das gleichfalls spätere Lat. Familiaris, die meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat. In dieser Bedeutung kommt, wie aus dem du Fresne erhellet, Vassus am frühesten vor. Weisat waren im Deutschen ehedem allerley Speisen und Eßwaaren, welche die Lehensleute dem Lehensherren zu gewissen Zeiten zum Geschenke brachten; im Schwedischen aber ist Veisla, Veitsla, eine Mahlzeit, ein Gastmahl, das Stammwort weita aber, ist geben, darreichen, bewirthen, und in engerer Bedeutung, zu Lehen geben, welches mit unserm weisen, in einweisen, anweisen u.s.f. überein kommt. In eben dieser Sprache ist Weiting, ein Lehen, welches nebst dem Niederdeutschen söden, ernähren, füttern, zugleich ein bequemes Stammwort für das mittlere Lat. Feudum abgibt, wie schon von mehrern erkannt worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 976.
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