Verstand, der

[1146] Der Verstand, des -es, plur. car. von dem Zeitworte verstehen, doch nur so fern es einen Begriff von etwas haben bedeutet, wo dieses Wort in zwiefacher Bedeutung vorkommt. 1. Subjective, das Vermögen, die Fähigkeit, einen andern zu verstehen, welche erste und eigentliche Bedeutung noch im gemeinen Leben häufig ist, in welcher denn auch den Thieren Verstand zukommt. In weiterer Bedeutung ist der Verstand das Vermögen zu erkennen, so daß es auch die Sinne und Einbildungskraft mit unter sich begreift, und den Thieren gleichfalls zukommt. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist es das Vermögen, deutliche Begriffe zu haben; in welchem Falle der Verstand nur vernünftigen Geschöpfen allein zukommt, sich aber von der Vernunft in engerm Verstande hinlänglich unterscheidet. In allen diesen Einschränkungen wird es sowohl von diesem Vermögen und dessen Anwendung in einzelnen Fällen gebraucht. Keinen Verstand von etwas haben. Ohne Verstand handeln, reden u.s.f. Als auch von dem Vermögen überhaupt. Seinen gesunden Verstand verlieren, vom Verstande kommen, wahnsinnig, verrückt werden. Vielen Verstand haben. Ein Mann von vielem Verstande. Das ist oder gehet über meinen Verstand. Die Unschuld ohne Verstand ist ein sehr mittelmäßiger Schatz, Gell. 2. Objective, die Meinung, der Sinn. Im Theuerdanke heißt es noch: wenn ich darauf hab euren Verstand, wenn ich eure Meinung darüber habe. Es ist in dieser weitern Bedeutung veraltet, und man gebraucht es nur noch in engerer, von der Rede und den Worten, diejenige Vorstellung, denjenigen Begriff zu bezeichnen, welche durch die Worte, oder durch eine Rede erwecket werden soll; der Sinn, die Bedeutung. Der wahre Verstand, die Übereinstimmung der Vorstellungen mit dem Endzwecke der Rede, zum Unterschiede von dem falschen. Der eigentliche, unmittelbare[1146] Verstand, Wortverstand, welcher durch das Wort und dessen Laut hervor gebracht wird, zum Unterschiede von dem mittelbaren oder figürlichen, welchen die mit dem Worte bezeichnete Sache wirket. Ein Wort in einem andern Verstande nehmen. Ein Wort ohne Verstand. Ich finde keinen Verstand in der Rede.

Das Wort ist alt, und lautet schon bey dem alten Übersetzer Isidors Firstanda, und bey dem Kero Forstandida. Siehe Verstehen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1146-1147.
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