[1302] Vorstehen, verb. irregul. neutr. (S. Stehen,) welches in den meisten Fällen mit seyn, bey einigen in manchen Fällen auch wohl mit haben verbunden wird. 1. Vorwärts, hervor stechen; wo es im Hochdeutschen gemeiniglich mit haben gebraucht wird. Es stehet vor, raget vor. Das Haus stand zu weit vor, vorwärts. 2. Vor einem andern Dinge stehen. (1) Eigentlich, wo es doch seltener gebraucht wird. Man siehet nichts, es stehet etwas vor, besser davor. In engerm Verstande sagt man in der Jägerey, der Hund stehet vor, oder stehet dem Hasen, den Wachteln u.s.f. vor, wenn er so abgerichtet ist, daß er vor den aufgespürten Hasen oder Federwildbrete so lange stehen bleibt, bis sie geschossen oder gefangen werden, da denn ein solcher Hund ein vorstehender Hund genannt wird. Die Hühnerhunde und Wachtelhunde sind von dieser Art. In eben demselben Verstande sagt man, der Hund stehet den Hasen, wenn er vor demselben vorstehet. (2) Häufiger ist es in einigen figürlichen Bedeutungen. a. Vorstehen müssen, persönlich vor Gericht erscheinen müssen. Die Parteyen sind heute vorgestanden, vor Gericht. S. Vorstand. b. Es stehet mir vor, es ahndet mir; ein nur im gemeinen Leben üblicher Gebrauch, in welchem auch vorgehen üblich ist. c. Einem Dinge vorstehen, die Aufsicht über die Bestimmung des Veränderlichen in demselben führen, doch nur von Menschen und noch häufiger von menschlichen Angelegenheiten. Abrahams Knecht stand allen Gütern seines Herren vor, 1 Mos. 24, 2. Jotham stand dem Hause des Königes vor, 2 Chron. 26, 1. So jemand seinem eigenen Hause nicht weiß vorzustehen, 1 Tim. 3, 5. Die Ältesten, die wohl fürstehen, Kap. 5, 17; für vorstehen, ob es gleich absolute, und mit Verschweigung der dritten Endung im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Einem Amte vorstehen. Seinen Geschäften nicht länger vorstehen können. Die Sonne dem Tage vorzustehen, den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen, Ps. 136, 8. 9. Daher das Vorstehen.